München Richter bremst Ankläger im Deutsche-Bank-Prozess

München · Im Betrugsprozess gegen Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen und vier frühere Spitzenbanker des Unternehmens sieht das Landgericht München hohe Hürden für eine Bestrafung der Angeklagten. "Eins ist klar. Eine Verurteilung kommt nur in Betracht, wenn kein vernünftiger Zweifel an der Schuld besteht", hielt Richter Peter Noll den Staatsanwälten vor. Sie müssten Fakten für ihre Behauptung liefern, die Angeklagten hätten den Vorsatz gehabt, den früheren Medienmogul Leo Kirch in einem anderen Prozess um einen Schadenersatzanspruch zu betrügen.

Fitschen, seine Vorgänger Josef Ackermann und Rolf Breuer sowie zwei weitere Ex-Vorstände der Bank sollen vor Jahren versucht haben, ein anderes Gericht zu täuschen, um Kirchs milliardenschwere Schadenersatzklage abzublocken. Der Unternehmer, der vor vier Jahren starb, hatte die Bank für den Kollaps seines Konzerns verantwortlich gemacht - nach einem Interview des damaligen Vorstandssprechers Rolf Breuer, in dem dieser Zweifel an Kirchs Kreditwürdigkeit geäußert hatte. Kirchs Erben stritten sich noch jahrelang mit dem Geldhaus. Die Deutsche Bank zahlte letztlich 925 Millionen Euro.

Dessen ungeachtet erhob die Staatsanwaltschaft Anklage. Begründung: Die Bank habe Kirch unter Druck setzten wollen, um von ihm einen Restrukturierungsauftrag zu erhalten, und habe ihn später um seinen Schadenersatzanspruch prellen wollen. Gestern bekräftigten die Ankläger ihre Vorwürfe. Ackermanns Aussage, er sei gegen ein Mandat von Kirch gewesen, sei nicht glaubhaft. Aus seinem Verhalten im Schadenersatzprozess müsse man einen Betrugsvorsatz ableiten, sagte Staatsanwalt Stephan Necknig. Die Banker haben die Vorwürfe zurückgewiesen. Richter Noll nannte die Schlussfolgerungen "rein hypothetisch". Auf subjektive Gedanken der Angeklagten zu schlussfolgern, sei nicht möglich.

Gegenwind bekam die Staatsanwaltschaft gestern auch von zwei Zeugen. Sie widersprachen der Auffassung der Ankläger, Breuers Interview-Äußerung sei Teil einer Verschwörung gegen Kirch gewesen. Der Journalist, der 2002 die Fragen gestellt hatte, und Breuers damaliger Pressesprecher erklärten übereinstimmend, Breuer sei nicht auf die Fragen nach Kirchs Situation vorbereitet worden. Der Journalist, erinnerte sich noch gut an das Interview vor 13 Jahren. Die Fragen zu Kirch seien nicht vorher abgesprochen gewesen, erklärte er. Breuer habe ohne Bedenkzeit geantwortet. Der Journalist wörtlich: "Mein Eindruck war: Das war spontan."

Dass Breuers Äußerungen die Bank am Ende 925 Millionen Euro Schadenersatz kosten würden, ahnte der Journalist damals nicht. Aus heutiger Sicht habe er den Nachrichtenwert des Gesprächs unterschätzt, sagte er. Inzwischen gilt es als teuerstes Interview der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Das Ambiente des Gesprächs in einem New Yorker Hotelzimmer war allerdings eher gediegen. "Da fehlt nur noch der Schwenk über die Zahnbürste", merkte Richter Noll an.

(dpa/rtr)
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