Flugabwehrraketen im Angebot Rheinmetall unterstützt Ukraine direkt

Düsseldorf · Der Düsseldorfer Rüstungskonzern sieht eine neue Ära anbrechen, weil Verteidigungsausgaben massiv steigen. Der Wert der Aktie stieg enorm. 3000 neue Leute sollen angeheuert werden.

Rheinmetall-Chef Armin Papperber ist schon seit 32 Jahren im Unternehmen.

Rheinmetall-Chef Armin Papperber ist schon seit 32 Jahren im Unternehmen.

Foto: dpa/Marius Becker

Der Rüstungs- und Technologiekonzern Rheinmetall will* die Ukraine aktiv bei ihrem Kampf gegen die russische Invasion unterstützen: „Wir haben Verträge unterschrieben“, sagte Vorstandschef Armin Papperger bei der Bilanzpräsentation am Donnerstag. Details über die Lieferungen dürfe er nicht verraten, da der Bundessicherheitsrat in geheimer Sitzung darüber entschieden habe. Aber Papperger bestätigte, der Düsseldorfer Konzern habe angeboten, Sicherheitsausrüstung für Soldaten, ein Feldcamp oder Flugabwehrsysteme fabrikneu zu liefern.

Papperger lobte den Widerstandskampf der Ukrainer in höchsten Tönen: So sei bemerkenswert, dass mehr als 100 russische Jets abgeschossen worden seien. Ukrainische Kämpfer hätten mit mobilen Panzerabwehrwaffen viele Panzer und Transporter fahrunfähig gemacht. Als Lehre daraus rüstet Rheinmetall die von der Firma produzierten Kampffahrzeuge nun mit besseren Schutzsystemen gegen Kleinraketen aus. Papperger ergänzte: „Das Wichtigste in einer solchen Situation ist, das eigene Volk zu schützen. Das macht der ukranische Präsident hervorragend.“

 Papperger sagte, einen Krieg wie jetzt im Osten Europas hätte er sich nicht vorstellen können.

Der Ukraine-Konflikt hat für Rheinmetall eine Zeitenwende gebracht: „Wir starten in eine neue Ära der Verteidigungspolitik“,sagte Papperger. Er erwähnte in seiner Präsentation die Entscheidung von Bundeskanzler Schol (SPD), die Bundeswehr solle mit einem Sondervermögen rund 100 Milliarden für Investitionen erhalten. Rund 37 Milliarden Euro an Auftragsvolumen inklusive neuer Munition für zwölf Milliarden Euro könne Rheinmetall schnell liefern, so Papperger. Dabei könnten auch 30.000 Transportfahrzeuge für 16 Milliarden Euro oder Radpanzer für vier Milliarden Euro sowie Schützausrüstung für Soldaten für 1,2 Milliarden Euro sein. Hinzu kämen viele zu erwartende Aufträge von anderen westlichen Staaten.

Kein Wunder angesichts dieser Erwartungen, dass der Aktiewert des wichtigsten Rüstungskonzerns von NRW seit Mitte Februar um 60 Prozent stieg, in den vergangenen drei Monaten um 92 Prozent. Mit einem Börsenwert von 6,8 Milliarden Euro ist Rheinmetall aber noch kein echtes Schwergewicht: Die NRW-Konzerne Eon, Henkel, Telekom, Bayer oder Post sind jeweils mehr als das Vierfache an der Börse wert.

Wegen der weiteren Aufträge soll die Belegschaft von aktuell knapp 30.000 Personen um rund 3000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aufgestockt werden, in Düsseldorf werden unter anderem Planer gesucht. Schon bisher habe der Konzern mit 64.000 Initiativbewerbungen im Jahr 2021 genügend Interessenten für freie Stellen, sagte der 1963 geborene Vorstandschef. Nun seien noch mehr Leute interessiert: „Wir sind dankbar, dass es diesen Imagewandel gibt.“ Dabei wies er daraufhin, dass Nato-Staaten aktuell 87 Prozent des Auftragsvolumens ausmachen. Im Jahr 2015 hatten Nato-Staaten erst 65 Prozent der Aufträge gebracht, was auf Kritik stieß.

Rheinmetall sieht sich schon länger im Aufwärtstrend. Der Umsatz im vergangenen Jahr wuchs um knapp fünf Prozent auf 5,7 Milliarden Euro, dieses Jahr könnte eine weitere Milliarde Euro hinzukommen. Die Kapitalrendite sprang 2021 von 11,8 Prozent auf 19 Prozent. Die operative Marge lag mit 10,5 Prozent so hoch wie nie. Dieses Jahr sollen elf Prozent Rendite erreicht werden, was nicht schwer sein dürfte. Denn geschockt vom Überfall auf die Ukraine kaufen viele Staaten Rüstungsgüter zu fast jedem Preis, Papperger will in einigen Werken auf Doppelschichten umstellen. Alleine hierzulande habe der Konzern 42 Werke, Fabriken in neun anderen Ländern wie USA, Australien und Ungarn kämen hinzu: „Unsere weltweiten Kapazitäten erlauben flexible Reaktion auf den Mehrbedarf.“

Papperger betonte, dass er auch auf Wachstum außerhalb des Militärbereichs setze: Der Auftragsbestand im zivilen Bereich liege bei sieben Milliarden Euro. Rheinmetall entwickelt beispielsweise Komponenten, damit Fahrzeuge mit Wasserstoff fahren können. Indirekt hängt dies also auch mit Sicherheitspolitik zusammen, weil das, zumindest auf mittlere Sicht, Europa unabhängiger von russischem Erdöl machen kann.
*In der ersten Version des Beitrages hatten wir noch den Eindruck erweckt, dass die Waffenlieferungen eventuell schon unterwegs sind. Doch da die genauen Vorgänge geheim sind und weil der Botschafter der Ukraine in Deutschland, Andrij Melnyk, sagt, die Bundesregierung habe bisher nicht befriedigend auf eine Liste gewünschter Waffen aus  Deutschland reagiert, lassen wir nun offen, ob Rheinmetall schon Waffen liefert. Sicher ist, dass Vorstandschef Armin Papperger von unterschriebenen Verträgen bezüglich neuem Verteidigungsmaterial für die Ukraine gesprochen hat.

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