Rheinmetall aufgerückt Elf NRW-Konzerne nun im Dax
Düsseldorf · Erstmals seit einiger Zeit sind wieder elf NRW-Konzerne im ersten Börsenindex. Viele von ihnen kämpfen mit Gegenwind und sind bereits mehr als 30 Jahre alt – nur eine halbwegs junge Technologiefirma ist dabei.
Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall ist am Montag in den Index der 40 größten Aktiengesellschaften Deutschlands aufgenommen worden. „Security joins Dax“, hatte Vorstandschef Armin Papperger als Motto ausgegeben. Schon Anfang März hatte die Deutsche Börse entschieden, dass Rheinmetall in den Dax aufrücken soll, weil der Börsenwert sich in den letzten anderthalb Jahren um rund 150 Prozent auf mehr als zehn Milliarden Euro erhöht hatte.
Damit kommen nun elf der 40 Unternehmen im Dax aus NRW. Der NRW-Anteil liegt im Dax-40 mit 27,5 Prozent etwas über dem Anteil von NRW an der gesamten Bevölkerung in Höhe von 23,9 Prozent an den bundesweit 83,2 Millionen Menschen, doch einige Dinge fallen auf: Nur drei echten Schwergewichte mit Börsenwerten von mehr als 50 Milliarden Euro sind aus NRW . Das sind Deutsche Telekom, Deutsche Post DHL und Bayer. Keines der elf Star-Unternehmen aus NRW ist jünger als 30 Jahre im Sinne einer echten Unternehmensgründung.
Vorzeigefirma ist die 1983 gegründete Qiagen aus Hilden bei Düsseldorf, die sich auf Biotechnologie spezialisiert hat. Dagegen haben die meisten im Dax vertretenen NRW-Firmen schon eine lange Geschichte hinter sich: Rheinmetall wurde schon 1889 gegründet, der Persil-Konzern Henkel 1876, die Post kann ihre Geschichte bis 1490 zurückverfolgen, Bayer entstand ab 1863 in Wuppertal-Barmen, RWE kann seine Geschichte bis 1898 zurückverfolgen. „Das sind alles sehr verdienstvolle Unternehmen, die auch viele moderne Ideen haben und viele Jobs haben“, sagt der Duisburger Wirtschaftsprofessor Torsten Gerpott, „aber das Übergewicht dieser älteren Unternehmen bei den Dax-Unternehmen aus NRW und bundesweit zeigt, dass Deutschland zu wenig innovativ ist.“
Das Übergewicht der Old-Economy-Konzerne führt dazu, dass auffällig viele NRW-Konzerne in der Defensive stecken, während viele neue Unternehmen in den USA wie Facebook, Google oder Amazon eher auf Offensive setzen.
Henkel leidet seit Jahren unter den Preisschlachten bei seit Jahrzehnten eingeführten Konsumgütern. Da nützt es nur bedingt etwas, dass es wenigstens der Klebstoffsparte im Industriegeschäft hervorragend geht. Telekom-Chef Tim Höttges ist zwar das Meisterstück gelungen, in den USA einen riesigen Ableger aufzubauen, aber in Europa und in Deutschland ist von schnellem Wachstum nichts zu spüren. Höttges fordert deshalb auch eine Konsolidierung der Branche, um die Preise hochdrücken zu können.
Bayer leidet unter den Prozessrisiken des US-Zukaufs Monsanto und daran, dass der Patenschutz des Gerinnungshemmers Xarelto Mitte des Jahrzehnts ausläuft. Nun hofft der Konzern aber auf neue Wachstumsrenner der Pharmasparte, die bis zu zwölf Milliarden Euro Umsatz bringen sollen. „Wir machen gute Fortschritte bei der Transformation unseres Pharmageschäfts“, sagte Pharmavorstand Stefan Oelrich im Januar.
Auch Deutsche Post DHL, RWE und Vonovia kämpfen mit den Hinterlassenschaften der Vergangenheit. Die Post hat zwar ihre Logistikgeschäfte rund um die Marke DHL global ausgebaut und steht gut da mit der Paketzustellung in Deutschland, aber das klassische Briefgeschäft im Heimatmarkt schwächelt umso mehr. Die RWE-Aktie ist in den vergangenen drei Jahren zwar um mehr als 70 Prozent gestiegen, auch weil die Strompreise abheben, aber weil der Essener Konzern wegen des Klimaschutzes aus der Braunkohle aussteigen muss, während er gleichzeitig neue Windstromanlagen aufbaut, müssen Milliarden neu investiert werden.
Die Vonovia AG profitiert als größter Vermieter Deutschlands zwar von anziehenden Mieten, aber die steigenden Zinsen treiben die Finanzierungskosten massiv auf fünf Prozent für neue Anleihen hoch. Ende Januar kündigten die Bochumer an, alle Neubauprojekte auch wegen steigender Baukosten einzustellen. Nur bereits gestartete Vorhaben würden fertiggestellt. Zuvor hatte der Konzern bereits mitgeteilt, die Investitionen in energetische Sanierung für 2023 um 40 Prozent auf nur noch 850 Millionen Euro zu kürzen. Vorstandschef Rolf Buch hat keine Alternative, als einige Immobilien zu verkaufen, um die Kapitalbasis zu stärken. „Unsere Ertragskraft wird derzeit von den Zinsen aufgefressen“, sagte Buch. Die Dividende wird halbiert. „Auch über der Immobilien-Branche ist ein Sturm aufgezogen“, so Buch. Die Aktie verlor mehr als 50 Prozent im vergangenen Jahr.