Mobilfunk Der Quertreiber

Montabaur · Ralph Dommermuth hat mit United Internet einen Riesen geschaffen: 13,3 Millionen Kunden nutzen die Angebote von Marken wie 1&1. Jetzt will United Internet ein Mobilfunknetz aufbauen. Telekom und Vodafone sehen sich bedroht.

Wenn Ralph Dommermuth eines verabscheut, dann ist das Stillstand. „Flaute ist das Schlimmste beim Segeln“, sagt der Gründer und Chef von United Internet (UI), „dann lässt sich kein Ziel mehr ansteuern.“

Seit Freitag ist klar, dass der wohl erfolgreichste Gründer eines deutschen Unternehmens in den vergangenen 25 Jahren wieder in See sticht. UI hat angekündigt, sich an der Auktion für die Lizenzen für die nächste Mobilfunkgeneration 5G zu beteiligen. Im Falle eines Erfolgs hätten die drei Netzbetreiber Telekom, Vodafone und Telefónica (O2) ab 2020/2021 einen weiteren Konkurrenten. „Angebotsvielfalt nützt dem Kunden“, sagt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes. Es sei zu begrüßen, „wenn ein vierter Anbieter in den Markt einsteigen will“. Über eine „gute Nachricht“ für die Bürger freut sich Klaus Müller, Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen. Henning Gajek vom Portal Teltarif sagt: „United Internet ist Quertreiber und Angstgegner der etablierten Telefonkonzerne. Gerade in den Städten könnte Dommermuth mit den Marken 1&1 und Drillisch viele hunderttausend weitere Kunden anlocken.“

Dommermuth sagt: „Mit 5G wird ein neues Kapitel des Mobilfunks aufgeschlagen. Da wollen wir dabei sein, auch wenn heute noch niemand genau weiß, was alles auf unsere Branche zukommen wird.“ Zu seiner Motivation ergänzt er: „Unternehmer zu sein ist sprichwörtlich mein Leben.“

Tatsächlich hat der 55-jährige Ex-Banklehrling in 30 Jahren ein beeindruckendes Firmenimperium mit 9000 Mitarbeitern geschaffen. Er fing an, indem er für die Telekom Bildschirmtext-Verträge verkaufte, wurde einer der wichtigsten Vertriebspartner der Telefonkonzerne und ist heute einer der größten Betreiber von Webhosting-Zentren der Welt.

United Internet ist trotz starker Kursverluste an der Börse noch immer 7,2 Milliarden Euro wert, das Vermögen von Dommermuth, der als Hauptaktionär 40 Prozent der Anteile hält, wird auf mehr als drei Milliarden Euro geschätzt. Kein Wunder, dass er als Eigner einer großen Privatyacht bekannt ist – 2007 sponserten er und UI mit rund 25 Millionen Euro ein eigenes Boot bei der Regatta Americas Cup.

So sehr Dommermuth sich für den Segelsport begeistert, so nüchtern ist er im Geschäft. Der zurückhaltend auftretende Manager ist bekannt dafür, sich um viele Details zu kümmern. Die Zentrale liegt im preisgünstigen Montabaur, was Dommermuth nicht davon abhält, oft mit Ehefrau Judith im nahen Köln zu sein. Das frühere Fotomodell hat in der Domstadt die Modemarke Juvia aufgebaut, beim reinen Geschäft gibt er ihr gelegentlich einige Ratschläge. Das erzählte sie in einem Interview dem „Handelsblatt“.

Die entscheidenden Impulse gibt Dommermuth aber UI. Als der Mobilfunker E-Plus von Telefónica übernommen wurde, mussten hohe Netzkapazitäten abgegeben werden. Die landeten dann bei der Servicefirma Drillisch. Das war für Dommermuth die Chance: United Internet erwarb 2016 Drillisch und ist seitdem ernstzunehmender Player im Mobilfunkmarkt. „Die Tarife von Drillisch sind schon sehr attraktiv, um Kunden zu werben“, sagt Experte Gajek.

2014 wagte Dommermuth den Zukauf der Düsseldorfer Versatel AG, wodurch UI ein Glasfasernetz von 46.000 Kilometern Länge bekam. „Diese Infrastruktur erleichtert ihm den Aufbau des Mobilfunknetzes“, sagt der Wirtschaftsprofessor Torsten Gerpott, „damit kann er in Städten viele Standorte anschließen.“

Die große Frage wird nun sein, wie aggressiv UI bei der Auktion mitbieten wird. Dommermuth hat sich eine Kreditlinie von 2,8 Milliarden Euro einräumen lassen. Das müsste für ein attraktives Paket ausreichen, sofern die Platzhirsche ihn nicht gezielt abdrängen.

Danach will er schnell ein Netz in einer Reihe an Städten aufbauen und auf dem Land die Infrastruktur der Konkurrenten nutzen. Maximal 2000 Funkstationen könnte man pro Jahr aufbauen, sagt er. Das könne er aus dem laufenden Geschäft finanzieren. Und er würde viel Geld sparen, weil er die Infrastruktur der Konkurrenten in den Metropolen nicht mehr anmieten müsse.

Dommermuth glaubt, dass ihm die drei Wettbewerber ihre Netze abseits der Städte zu günstigen Bedingungen vermieten müssen. „Der Beschluss der Bundesnetzagentur zum Verhandlungsgebot beim National Roaming bietet eine gute rechtliche Grundlage“, sagt er.

Anders sehen das Telekom, Vodafone und Telefónica: Sie haben dagegen geklagt, dass sie als nationale Netzbetreiber´hohe Auflagen erfüllen müssen, gleichzeitig aber Kapazitäten an UI vermieten müssten. Vodafone-Chef Hannes Ametsreiter sagt: „Dommermuths National-Roaming-Kampagne dient nur einem Zweck: Er will sich auf wenige lukrative Städte konzentrieren, während die bisherigen Netzbetreiber auf 90 Prozent der Fläche die harte Ausbauarbeit erledigen.“ Das würde Dommermuth nützen, aber nicht dem Land.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort