Peer Schatz "Qiagens Wurzel liegt im Rheinland"

Das Hildener Biotech-Unternehmen gilt wegen seines hohen Börsenwertes als Dax-Kandidat. Dabei macht der Konzern nur noch acht Prozent seines Umsatzes in Deutschland. Die Zentrale mit ihren rund 1100 Mitarbeitern bleibt aber sicher in Hilden.

2013 war wegen eines Gewinneinbruchs kein gutes Jahr für Qiagen. Geht es nun aufwärts?

Schatz Das organische Wachstum und der bereinigte Gewinn haben 2013 gut und über den Erwartungen zugelegt. Der Gewinneinbruch resultierte vor allem aus Einmalkosten aus Zukäufen und aus dem Umbau, doch der ist nun abgeschlossen. Wir sind zuversichtlich für 2014; dies zeigen die Ergebnisse des ersten Quartals. 2014 dürfte der Qiagen-Gewinn wieder ordentlich zulegen.

Wie viele Stellen haben Sie abgebaut?

Schatz Wir haben die Zahl der Mitarbeiter unterm Strich sogar auf über 4000 erhöht. Weltweit wurden zwar im Umbau rund 300 Stellen abgebaut, unter anderem in Hamburg und der Verwaltung in Hilden. Doch zugleich haben wir hunderte Mitarbeiter in der Forschung und anderen Bereichen neu eingestellt.

Warum wird 2014 besser?

Schatz Unser größtes Geschäft, der Verkauf von Tests auf diverse Krankheiten und für die personalisierte Medizin, wächst mit teilweise zweistelligen Prozentsätzen. Zudem besetzen wir die führende Position in Bereichen wie der Bioinformatik, die in unserer Industrie wie für das Gesundheitswesen insgesamt immer mehr an Bedeutung gewinnt. Mit unseren Wachstumstreibern sind wir sehr gut aufgestellt.

Wie sieht das in Deutschland aus?

Schatz In Deutschland machen wir nur rund acht Prozent unseres Umsatzes. Obwohl wir gerne und erfolgreich in Deutschland arbeiten, haben es forschende Unternehmen in vielen Punkten schwerer als in anderen Ländern. Es wäre gut, wenn auch in Deutschland Forschungsausgaben steuerlich absetzbar wären. Gerade mutige Investitionen in Innovationen mit hohen Potenzialen, aber auch Risiken müssen stärker belohnt werden, wenn das Land durch Innovationen vorankommen will. Zudem brauchen manche Entscheidungen in Deutschland überdurchschnittlich lange.

Ein Beispiel?

Schatz Wir bieten weltweit für Frauen einen Test auf Gebärmutterhalskrebs an. Doch obwohl er bereits in vielen Ländern enorme Vorsorgeerfolge und große Kostenvorteile bringt, warten wir seit elf Jahren darauf, dass er auch von den gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland übernommen wird. Wir hoffen, dass der gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten und Kassen 2016 grünes Licht gibt.

Bleibt die Firmenzentrale in Hilden?

Schatz Wir sind ein globales Unternehmen, doch haben wir starke Wurzeln hier im Rheinland. In NRW gibt es 70 Universitäten und somit auch viele Kunden, Partner und Zugang zu neuen Mitarbeitern. Zudem ist die logistische Anbindung über den Flughafen Düsseldorf ideal. Qiagen bleibt in Hilden.

Qiagen gilt als Dax-30-Kandidat. Wann ist es soweit?

Schatz Der Börsenwert von Qiagen liegt derzeit bei rund 3,7 Milliarden Euro. Damit spielen wir bereits in einer Liga mit manchen Dax-Unternehmen. Unser Ziel ist es, den Firmenwert weiter zu steigern. Wenn wir damit in den Dax aufsteigen: gerne. Doch das ist nicht unser primäres Ziel. Was für eine Dax-Aufnahme hinderlich sein könnte: Zwei Drittel des Handels mit Qiagen-Aktien finden an der US-Börse Nasdaq statt.

Welche neuen Tests gibt es?

Schatz Gerade haben wir in Saudi-Arabien im Rahmen der Bekämpfung der neuen Viruskrankheit Mers den Zuschlag für die Lieferung mehrerer hunderttausend Tests erhalten. Mers ist mit dem Sars-Virus verwandt, für das wir 2003 als erste einen Test entwickelt hatten. Wir hoffen, dass es dieses Mal nicht zu einer Ausbreitung kommen wird.

In der Pharma-Branche rollt derzeit eine Fusionswelle. Warum?

Schatz Die Zinsen sind niedrig wie nie, das macht die Finanzierung von Fusionen günstig. Wer weiß, wie lange das noch bleibt. Die Forschung von Arzneimitteln ist aufwendig und die Zulassung von Medikamenten kompliziert. Wer hier im globalen Maßstab mitspielen will, braucht eine kritische Masse.

Haben Sie Angst, dass Qiagen eines Tages geschluckt wird?

Schatz Wir sind kein Pharmaunternehmen, sondern ein Diagnostik- und Labortechnologieunternehmen. In diesem Markt sind wir als führender Anbieter groß genug, um eigenständig zu bleiben. Gleichzeitig sind wir aber klein genug, um unternehmerisch und schnell auf neue Entwicklungen zu reagieren.

Qiagen-Mitgründer Detlev Riesner zieht sich aus dem Aufsichtsrat zurück. Bedeutet das eine Zäsur?

Schatz Keine Zäsur, aber ein wichtiges Ereignis in unserer Geschichte. Professor Riesner hat Qiagen mitgegründet und Anteil an unserem Erfolg. Nun bleibt er uns als Freund, Berater und Aktionär verbunden. Sein Nachfolger Dr. Werner Brandt, der Finanzchef von SAP, kennt Qiagen durch langjährige Mitgliedschaft im Aufsichtsrat bereits gut.

ANTJE HÖNING FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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