Berlin Protest von Professoren befeuert die Euro-Debatte

Berlin · Der Protest von 160 Ökonomen gegen die Beschlüsse der 17 Staats- und Regierungschefs der Euro-Staaten hat die kontroverse Debatte darüber befeuert. Die Kritik entzündet sich vor allem an einem Satz in der Erklärung der Regierungschefs vom Freitag vergangener Woche. "Sobald unter Einbeziehung der Europäischen Zentralbank ein wirksamer einheitlicher Aufsichtsmechanismus für Banken des Euro-Währungsgebiets eingerichtet worden ist, hätte der (Euro-Rettungsschirm; d. Red.) ESM nach einem ordentlichen Beschluss die Möglichkeit, Banken direkt zu rekapitalisieren", heißt es darin.

Die Bundesregierung hatte direkte Hilfen für angeschlagene Banken aus dem Hilfsfonds bisher strikt abgelehnt, weil sie das ohnehin schon große Haftungsrisiko der deutschen Steuerzahler nicht auch noch auf die Kreditinstitute ausweiten wollte. Neben der Überschuldung vieler Staaten und ihrer mangelnden Wettbewerbsfähigkeit ist jedoch der Bankensektor im Euro-Raum ein weiterer Krisenherd: Viele Banken müssen hohe Wertberichtigungen vornehmen, weil die Staatsanleihen und Immobilienkredite in ihren Büchern deutlich an Wert verloren haben. Die Geldhäuser müssen folglich restrukturiert und über Wasser gehalten werden, wenn sie für das Euro-Gebiet systemrelevant sind, sprich zu groß sind, um pleitegehen zu können.

Das Bankenproblem ist in Spanien, Italien, Zypern, Slowenien und auch Frankreich größer als in Deutschland – entsprechend immens war der Druck auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem Gipfel am Freitag, das Tor für direkte Bankenhilfen aus dem ESM zu öffnen. Als Voraussetzung dafür konnte Merkel immerhin durchsetzen, dass zuvor eine einheitliche europäische Bankenaufsicht etabliert wird. Die EU-Kommision wurde aufgefordert, bis Ende des Jahres dafür Vorschläge zu machen. Mit der Umsetzung der Beschlüsse ist daher frühestens 2013 zu rechnen.

Wie die 160 Ökonomen protestierte auch der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI). "Einen europäischen Bankenrettungsfonds darf es aus Sicht der deutschen Wirtschaft nicht geben", sagte BDI-Chef Hans-Peter Keitel. Gleiches gelte für eine gemeinsame Einlagensicherung, die bedeuten würde, dass deutsche Steuerzahler für Spareinlagen bei ausländischen Banken haften würden.

Es gibt aber auch Fachleute, die den Beschluss zu den Bankenhilfen ausdrücklich begrüßen. "Es ist richtig, endlich den Fokus auf die notwendige Bankenrestrukturierung zu legen", sagte Michael Hüther, Chef des industrienahen Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Die USA hätten mit dem so genannten Tarp-Programm 2008 vorgemacht, wie sich das Problem der Bankenkrise lösen lasse. Ohne die vorübergehende Verstaatlichung der Banken gehe es nicht.

(mar)
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