Berlin Platzeck plädiert für strengeres Nachtflugverbot in Berlin

Berlin · Brandenburgs Ministerpräsident steht als Aufsichtsratschef des Großflughafens nach seinem Positionswechsel massiv in der Kritik.

Der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat seine Partner im Land Berlin und führende Bundesverkehrspolitiker von der schwarz-gelben Koalition gegen sich aufgebracht: Platzeck, der Chef des Aufsichtsrats des geplanten Berliner Großflughafens (BER) ist, hat sich hinter ein Volksbegehren gestellt, mit dem ein strengeres Nachtflugverbot am BER zwischen 22 und sechs Uhr durchgesetzt werden soll. Bisher hatte das Bundesverwaltungsgericht Flüge bis 24 Uhr und ab fünf Uhr morgens genehmigt.

Eine fünfstündige Nachtruhe ist vielen Anwohnern zu kurz. Ein Nachtflugverbot bereits ab 22 Uhr würde allerdings aus Sicht vieler Experten die Wirtschaftlichkeit des ohnehin wegen diverser Fehlplanungen gefährdeten Großflughafens infrage stellen. De facto dürften bereits Flüge ab 21.30 Uhr nicht mehr abgewickelt werden, hieß es beim industrienahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW): "Ein wirtschaftlicher Betrieb wäre so akut gefährdet", so die Experten.

Betroffen wären von einer längeren Nachtruhe vor allem Fluggesellschaften wie Air Berlin, Easyjet und Germanwings, die ihre Maschinen am Standort Berlin stationiert haben. Doch auch Linien, die ihre Flugzeuge anderswo parken, könnten den BER bereits am Abend meiden. Dem Standort drohe der Verlust hunderter Jobs, so das IW.

Platzecks Positionswechsel kam für die Partner in Berlin und im Bund überraschend. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) reagierte verärgert und erklärte, das Nachtflugverbot zwischen 0 und fünf Uhr sei die gemeinsame Position beider Länder gewesen. Der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Frank Steffel forderte Platzeck zum Rücktritt vom Aufsichtsrats-Vorsitz auf. "Platzeck hat ohne Absprache gehandelt und seine Verantwortung als Aufsichtsratschef missachtet", sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring.

Platzeck hatte am Dienstag erklärt, er wolle Verhandlungen über mehr Nachtruhe mit den anderen beiden Gesellschaftern, dem Bund und dem Land Berlin, aufnehmen, sobald der Landtag das Volksbegehren angenommen habe. "Ich werde mich bemühen, Regelungen zu finden, die am Ende für mehr Nachtruhe sorgen", versprach Platzeck. Es gehe um einen vernünftigen Kompromiss. Der bisherige Planfeststellungsbeschluss für den Flughafen gelte weiterhin. Das Bundesverwaltungsgericht hatte für nächtliche Flüge in den Randzeiten 2011 grünes Licht gegeben. Daraus ließen sich auch Rechte für die Fluggesellschaften ableiten, sagte Platzeck. Änderungen könnten nur mit den beiden anderen Gesellschaftern gemeinsam beschlossen werden.

(mar)
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