Düsseldorf Piloten und Lufthansa legen Streit bei

Düsseldorf · Wenn letzte Details geklärt sind, soll eine Friedenspflicht für die Cockpitbesatzung bis Juni 2022 gelten.

Einer der längsten Tarifkonflikte der Republik ist gestern nach knapp fünf Jahren mit einem Paukenschlag zu Ende gegangen: Deutschlands größte Airline, die Lufthansa, und die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) verkündeten nach einer nächtlichen Sitzung eine Einigung - und zwar in allen strittigen Punkten.

14 Mal hatten die Piloten im Laufe des Konfliktes die Arbeit niedergelegt, der sich vordergründig um die Altersversorgung und höhere Löhne drehte, unausgesprochen aber auch um die Neuausrichtung des Lufthansa-Konzerns.

Erst im Februar hatte der erfahrene Top-Diplomat Gunter Pleuger in einer Schlichtungsvereinbarung ein Gehaltsplus für die Piloten vorgeschlagen. Die Lohnerhöhung fiel mit 8,7 Prozent allerdings so satt aus, dass der Konzern im Gegenzug gleich mit der Auslagerung von 40 Maschinen aus dem teuren Konzern-Tarifvertrag drohte. Diese "Lufthansa light" ist seit gestern endgültig vom Tisch.

"Die Lufthansa hat zentrale Ziele erreicht: die Umstellung des Altersversorgungssystems auf feste Beiträge und die Anhebung des Rentenalters", erklärt Hagen Lesch, Tarifexperte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, das Ergebnis.

Bislang hatte die Lufthansa ihren Piloten bei den Betriebsrenten einen festen Auszahlungsbetrag garantiert. Die Niedrigzinsphase hat dieses System so stark verteuert, dass die Lufthansa eine Reform forderte. Auch die Regeln für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Berufsleben werden zugunsten des Managements geändert.

Die so eingesparten Personalkosten werden sich positiv auf die Erfolgsrechnung für das Jahr 2017 auswirken. Einmalig könne ein hoher dreistelliger Millionenbetrag anfallen, teilte das Unternehmen mit.

"15 Prozent niedrigere Personalkosten im Cockpit sind ein Wort", sagt auch Tarifexperte Lesch. "Insofern konnte das Management den Piloten auch entgegenkommen und musste nicht länger an dem maximalen Drohszenario - der Auslagerung von 40 Maschinen - festhalten."

Und die Zugeständnisse gehen noch weiter. "Die Piloten können die Aufhebung des Einstellungsstopps, die Garantie für die 325 Maschinen im Konzerntarifvertrag sowie die Überführung zehn weiterer Maschinen in ebendiesen für sich verbuchen", bilanziert Lesch.

Die Lufthansa garantiert der VC, dass sie mindestens 352 ihrer Jets bis 2022 zu den Bedingungen des Konzerntarifvertrags einsetzen wird. Zehn Langstreckenflugzeuge, die bislang unter der Marke "Cityline" geflogen wurden, fallen künftig ebenfalls unter die lukrativeren Tarifbedingungen. Nach Darstellung beider Seiten werden dadurch 600 Stellen für Kapitänsanwärter geschaffen, zudem könnten rund 700 bereits voll ausgebildete Nachwuchspiloten eingestellt werden. Das ist eine Abkehr von der ursprünglichen Strategie, den teuren Lufthansa-Konzerntarif Schritt für Schritt auszubluten.

Entsprechend positiv wurde die Einigung auch von der Unabhängigen Flugbegleiter-Organisation (Ufo) aufgefasst. "Man kann hier nur beide Seiten beglückwünschen", sagte Ufo-Chef Alexander Behrens. "Wir sehen durch den zeitlich gleichlaufenden Tariffrieden zwischen Cockpit und Kabine jetzt die Basis, um den bisher so turbulenten und konfrontativen Konzernumbau gemeinsam voranzutreiben."

Wahrscheinlich habe am Ende bei den Piloten die inzwischen recht angespannte Branchensituation - etwa die Krise beim Konkurrenten Air Berlin und die aggressive Herangehensweise der Billigkonkurrenz - zu der Erkenntnis geführt, dass Unbeweglichkeit zu einer echten Gefahr für den Konzern hätte werden können, sagt IW-Experte Lesch.

Noch besteht eine minimale Chance, dass die Einigung noch scheitern könnte. Schließlich müssen die Vereinigung Cockpit und das Lufthansa-Management in den kommenden Wochen noch letzte Details ihrer Einigung aushandeln. Am Ende soll dann aber eine Vereinbarung zustandekommen, die eine Friedenspflicht bis zum Juni 2022 beinhaltet.

(maxi)
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