Abrechnungssystem Eezy NRW startet Tarifrevolution bei Bus und Bahn - Bezahlen nach Strecke

Düsseldorf · Abrechnung nach Kilometern statt nach Tarifgrenzen: Die Verkehrsverbünde in NRW führen einen gemeinsamen digitalen Tarif ein, mit dem die Kunden auch Geld sparen können. Um Pannen zu vermeiden, gilt eine Preisobergrenze.

 Der neue Tarif kann auch in den  RRX-Zügen von Köln im VRS-Gebiet nach Düsseldorf im VRR-Gebiet genutzt werden.

Der neue Tarif kann auch in den  RRX-Zügen von Köln im VRS-Gebiet nach Düsseldorf im VRR-Gebiet genutzt werden.

Foto: dpa/Marius Becker

Um Fahrten per Bus, Bahn und S-Bahn in NRW zu erleichtern, haben am Mittwoch die vier Verkehrsverbünde mit NRW-Verkehrsministerin Ina Brandes (CDU) das Abrechnungssystem Eezy vorgestellt. Es startet ab sofort. „Das ist eine gute Sache für hunderttausende Bürger“, sagt ein Sprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn: „Man kann nun sehr einfach überall in NRW hinfahren, ohne sich mit Tarifdetails beschäftigen zu müssen.“ Wir erklären, wie Eezy funktioniert.

Wie ist das System aufgebaut?

Die Suche nach dem richtigen Tarif oder der richtigen Preisstufe ist nicht mehr nötig. Kunden, die den sogenannten E-Tarif buchen, müssen nur direkt vor dem Einstieg in Bus und Bahn auf dem Smartphone in einer App den Check-In-Button drücken. Kommt ein Kontrolleur, wird ein QR-Code gezeigt. Bei der Ankunft am Ziel checken die Fahrgäste per Fingertipp auf dem Smartphone wieder aus. Danach berechnet die App den Preis.

Wie wird abgerechnet?

Der Preis berechnet sich anhand der Luftlinie zwischen Start und Ziel. Umwege machen die Fahrt also nicht teurer. Ein Grundpreis wird immer fällig. Es sind 1,60 Euro, bei Fahrten innerhalb des Verkehrsverbands Rhein-Ruhr (VRR) 1,50 Euro. Der Luftlinienpreis liegt pro Kilometer bei etwa 24 Cent, im VRR-Gebiet bei 25 Cent.

Wie kann man den Tarif nutzen?

Interessierte müssen sich in der App Mobil.NRW registrieren und eine Kreditkarte oder Bankkarte zum Abbuchen angeben. Ab dem 6. Dezember soll Eezy.nrw auch in die App des VRS integriert werden, der VRR bereitet eine Integration vor. VRR-Vorstand Jose Luis Castrillo sagt: „In den nächsten Wochen wird die Funktionalität zur Verfügung gestellt.“

Können Kunden Geld sparen?

„Starke Preisaufschläge, die entstehen, nur weil ich eine Tarifzone oder die Grenze von zwei Verbünden überschreite, fallen weg“, sagt der Pro-Bahn-Sprecher. Stattdessen steigt der Preis linear mit der zurückgelegten Strecke. Der VRR hat auf Anfrage Beispiele ausgerechnet: Vom Düsseldorfer Hauptbahnhof zum Hauptbahnhof Neuss kostet eine klassische Einzelfahrt sechs Euro mit Preisstufe B. Mit dem Eezy-Ticket sind es nur 3,50 Euro. Vom Hauptbahnhof in Essen bis nach Köln-Hbf kostet das Schöne-Fahrt-Ticket NRW 20,40 Euro, mit dem Digitaltarif sind nur 15,15 Euro fällig. Und von Düsseldorf nach Köln bringt einen das Digitalticket für 9,10 Euro. Aktuell kostet die Fahrt 11,90 Euro – wobei ein VRS-Ticket erworben werden muss, was über die VRR-App nicht möglich ist. „Das ist bisher sehr kompliziert“, sagt der Pro-Bahn-Sprecher.

Werden die alten Tarife abgeschafft?

Nein. Sie bleiben in Kraft. Der VRR will Eezy sogar so in die App integrieren, dass der Kunde den Preis des Digitaltarif mit dem des klassischen Tarifs vergleichen kann.

Was kann schiefgehen?

Kunden könnten beim Aussteigen vergessen, in der App die Fahrt zu beenden. Wenn sie dann mit dem Auto noch einige Kilometer weiterfahren, könnte die App eine zu weite Route abrechnen. VRR-Vorstand Castrillo kündigt an, bei Bedienfehlern Milde zu zeigen: „Die Mitarbeiter werden geschult, Lösungen zu finden.“ Außerdem deutete er an, dass die App den Nutzer warnt, falls sie den Eindruck hat, er habe das gewählte Verkehrsmittel schon längst verlassen.

Gibt es einen maximalen Preis?

Dem Kunden werden in 24 Stunden maximal 30 Euro in Rechnung gestellt. Dabei wäre auch eine Rundfahrt Münster, Düsseldorf, Köln und dann zurück über Dortmund erlaubt. „Ich hoffe, die Kunden schaffen eine so umfangreiche Route in 24 Stunden“, spottet Castrillo. Dabei dürfen die Kunden allerdings so wie mit den klassischen Tickets nur im öffentlichen Nahverkehr fahren, die Nutzung von ICEs ist nicht inklusive.

Was ist mit Fahrrädern?

Die Mitnahme eines Fahrrades kostet für 4,80 Euro für 24 Stunden. Ein 24-Stunden-Fahrradticket innerhalb des VRR kostet 3,60 Euro.

Wem bringt das Angebot nichts?

Studenten haben in der Regel ein landesweites Semester-Ticket, für immer mehr Abzubis wird ein vergleichbares Azubi-Ticket verkauft. Die Abonnenten anderer Tickets (etwa Ticket 2000) können das Eezy-Angebot nutzen, wenn sie die gebuchte Tarifzone verlassen. Das Einchecken kann dann während der Fahrt erfolgen, wenn man die bereits bezahlte Zone verlässst. VRR-Manager Castrillo hält für denkbar, dass Nutzer hochwertiger Abos künftig einen Rabatt erhalten, wenn sie mit Eezy den Gültigkeitsbereich ihres Abos verlassen.

Was hat das Land mit Eezy zu tun?

Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat das Projekt in seiner Zeit als Verkehrsminister angeschoben. Das Land gibt 100 Millionen Euro Zuschuss, um den Verkehrsfirmen Mindereinnahmen durch das neue Tarifmodell zu erstatten. Die neue Verkehrsministerin Brandes findet das Projekt gut: „Das ist die fortschrittlichste Programmierung, die in NRW je genutzt wurde für den Nahverkehr.“ Kein anderes Bundesland in Deutschland habe so etwas entwickelt. Sie ergänzt: „So können wir den ÖPNV gerade für Menschen attraktiver machen, die ihn nur selten nutzen. So wollen wir die Straßen entlasten und dem Klima nutzen.“

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