Berlin OECD fordert höhere Mehrwertsteuer

Berlin · Ohne Reformen droht Deutschland der OECD zufolge schon in wenigen Jahren der wirtschaftliche Abstieg. "Ruht Euch nicht auf Euren Lorbeeren aus", mahnte gestern der Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Angel Gurria, in Berlin. Ohne Strukturreformen, die vor allem den Binnenmarkt stärken sollten, drohe Deutschland wegen der Alterung der Gesellschaft ab 2020 auf Wachstumsraten von unter einem Prozent zurückzufallen. Dabei seien bei entsprechenden Reformen auf lange Sicht jährliche Wachstumsraten von rund zwei Prozent erreichbar.

Die OECD empfiehlt der Bundesregierung in ihrer neuen Studie deshalb einen Umbau des Steuersystems. "Das Gewicht der Besteuerung liegt nach wie vor zu stark auf den Arbeitseinkommen, insbesondere wegen der hohen Sozialversicherungsbeiträge", heißt es darin. Das sei bedauernswert, weil es das Wachstum bremse. Um das zu ändern, schlägt die OECD eine höhere Mehrwertsteuer vor. Diese wurde zwar 2007 von 16 auf 19 Prozent angehoben, sei aber immer noch niedriger als in vielen anderen europäischen Ländern. "Das Hauptproblem ist jedoch die Besteuerung zahlreicher Güter zu einem ermäßigten Satz", schreibt die OECD. So gilt für Lebensmittel der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent, aber beispielsweise auch für Hundefutter. Dadurch entgehen dem Fiskus Einnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe. Damit ließe sich die Besteuerung von Arbeit senken, was für mehr Wachstum sorgen würde.

Die OECD, die 34 Industriestaaten umfasst, empfahl Deutschland dem Beispiel Australiens zu folgen und eine Kommission zu schaffen, die alle Möglichkeiten zur Produktivitätssteigerung ermitteln und auf den Weg bringen soll. So könne auch die Binnennachfrage steigen.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler, dem der OECD-Bericht von Gurria übergeben wurde, begrüßte die Kernforderung der Organisation. "Wir müssen die Wachstumskräfte in unserem Lande weiter stärken, indem wir die Erwerbsbeteiligung erhöhen und die Zuwanderung qualifizierter Menschen aus anderen Staaten weiter verbessern."

(RP)
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