Schulschließungen und fehlende Digitalisierung OECD warnt vor einer Corona-Bildungslücke

Berlin · Die OECD warnt in ihrer am Dienstag vorgestellten Bildungsstudie vor den Folgen der Corona-Pandemie für den Bildungsstandort Deutschland. Das sei zudem nicht die einzige Gefahr für die Schulen.

 Ein Schild das auf Abstand halten erinnert, hängt in einem Klassenzimmer einer Mittelschule an der Tafel (Symbolbild).

Ein Schild das auf Abstand halten erinnert, hängt in einem Klassenzimmer einer Mittelschule an der Tafel (Symbolbild).

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Insbesondere lange Schulschließungen seien insgesamt zwar notwendig gewesen, doch ihre Kosten "für die Einzelnen und die Gesellschaft sind sehr hoch". Vorteile sieht die OECD dagegen in vergleichsweise hohen Bildungsausgaben und einer starken beruflichen Bildung in Deutschland.

"Bis Ende Juni waren die Schulen in Deutschland effektiv 17 Wochen lang in der einen oder anderen Form geschlossen", teilte die Organisation mit - im Schnitt der OECD-Länder waren es demnach 14 Wochen. Schulen seien für erfolgreiche Lernergebnisse daher umso mehr auf den Umgang mit digitalen Endgeräten angewiesen. Doch "dies kann sich in Deutschland schwieriger gestalten", erklärte die OECD und verwies auch auf Nachholbedarf bei digitalen Lernplattformen.

Eine weitere Gefahr für die Schulen: "Wie in vielen anderen OECD-Ländern wird ein großer Teil der Lehrkräfte in Deutschland in den nächsten zehn Jahren das Ruhestandsalter erreichen", warnte die Organisation. 2018 waren demnach 41 Prozent der Primar- und Sekundarschullehrer in Deutschland über 50 Jahre alt, nur sieben Prozent waren unter 30.

Der hohe Anteil beruflicher Bildung und insbesondere dualer Bildungsgänge sei "eine der Stärken des deutschen Bildungssystems" und werde "eine Schlüsselrolle in der Erholungsphase" nach der Pandemie spielen, erklärte die OECD weiter. Indes habe die betriebliche Aus- und Weiterbildung in der Krise "gleich doppelt zu leiden, da Abstandsregeln einerseits und Unternehmensschließungen andererseits die Verbindung von Theorie und Praxis in vielen Ausbildungsgängen unmöglich machen".

Doch "insgesamt funktioniert die Abstimmung zwischen Bildung und Arbeitsmarkt gut und der Übergang ins Erwerbsleben klappt", lobte OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Jetzt gehe es darum, die entsprechenden Ausbildungswege "fit für das 21. Jahrhundert" zu machen. "Dazu gehört auch, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, um neue Lernangebote zu schaffen - nicht nur dann, wenn uns eine Krise dazu zwingt."

Die Bildungsausgaben hierzulande sind den Angaben zufolge höher als in den meisten anderen Mitgliedsstaaten: 2017 lagen sie in Deutschland bei rund 13.500 Dollar (derzeit umgerechnet rund 11.400 Euro), der OECD-Durchschnitt betrug etwa 11.200 Dollar. Gleichzeitig waren allerdings "die öffentlichen Bildungsausgaben vom Primar- bis zum Tertiärbereich als Anteil an den Staatsausgaben in Deutschland mit neun Prozent niedriger als der OECD-Durchschnitt (elf Prozent)", erklärten die Studienautoren.

Und gerade die private Bildungsfinanzierung - eine Stütze der beruflichen Bildung in Deutschland - könne durch die momentane Wirtschaftskrise gefährdet sein. Die OECD warnte in diesem Zusammenhang auch davor, dass Menschen mit niedrigem Bildungsabschluss am stärksten von drohender Arbeitslosigkeit betroffen wären, "da sie am wenigsten von Telearbeit profitieren dürften".

(özi/AFP)
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