Düsseldorf O2-Chef beklagt Flatrates

Düsseldorf · Eigentlich gehört René Schuster zu den wohl optimistischsten Managern des Landes. Der in New York geborene Chef von O2 bejubelt das schnell wachsende Geschäft mit Smartphones zum mobilen Internetsurfen, er sieht riesige Chancen mit dem neuen Mobilfunkstandard LTE, doch gleichzeitig ist er zur Kassandra seiner Branche geworden. "Der Datenverkehr wächst so enorm für DSL-Anschlüsse und auch im Mobilfunk, dass wir mit dem Netzausbau fast nicht mehr nachkommen."

Im Gespräch mit Journalisten machte der 49-jährige Chef der nach Umsatz drittgrößten Telekommunikationsfirma Deutschlands (hinter Telekom und Vodafone, vor E-Plus) denn auch am Dienstagabend klar, dass er am liebsten die Flatrates zum unbegrenzten Internet-Surfen rund um die Uhr abschaffen würde. "Wir brauchen ein Yield-Management", sagt er in Anspielung auf Fluggesellschaften, bei denen die Nutzer je nach Flugtermin verschiedene Tarife zahlen. Im Klartext: Das Laden von Filmen nachts könnte kostenlos sein, doch tagsüber sollte es einen Aufschlag kosten, weil dann die Netze überlastet sind.

Tatsächlich sieht Schuster keine Chancen auf teurere Tarife. Die Zahl der Wechsler unter den Mobilfunkern liege pro Jahr deutlich über 20 Prozent – derjenige, der weniger attraktive Angebote hat, geht also unter.

So bleibt nur die Flucht nach vorne. Die neue Funktechnik LTE will O2 im zweiten Quartal 2012 in den drei Großstädten Berlin, Hamburg und München starten – im Quartal darauf in insgesamt 20 Städten inklusive Düsseldorf. Das ist auch dringend nötig: Kunden klagen auf der Internetseite "Wir sind ein Einzelfall" massiv über Probleme im Netz des Münchener Konzerns.

Um den steigenden Datenverkehr im Festnetz, aber auch hin zu den Mobilfunk-Stationen zu bewältigen, befürwortet Schuster den teilweisen gemeinsamen Bau eines Glasfasernetzes durch mehrere Telefonfirmen. Er deutet an, darüber im Gespräch mit dem Branchenzweiten Vodafone zu sein, wogegen die Telekom sich einer Partnerschaft verweigere. Außerdem will O2 die Kooperation mit Kabel-TV-Firmen weiter ausbauen – auch das kann neue Kapazitäten schaffen. Und am liebsten würde er von Online-Firmen wie Google und Facebook Durchleitungs-Gebühren haben – die Erfolgschance ist niedrig.

(RP)
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