Berlin Nur 37 wollen TTIP-Texte lesen

Berlin · Das Interesse in der Regierung an den Unterlagen zum Freihandelsabkommen ist gering.

Bundesminister haben die Informationsmöglichkeiten über den aktuellen Verhandlungsstand beim umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP der EU mit den USA bisher offenbar nicht genutzt. Nach Auskunft der Bundesregierung hat bisher kein einziger Minister den Leseraum in der US-Botschaft in Berlin aufgesucht, in dem die ersten zwölf bereits weitgehend fertigen Kapitel des "Transatlantic Trade and Investment Partnership" ausliegen.

"Die konsolidierten Texte wurden von Regierungsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern der verschiedenen Ressorts auf Fachebene eingesehen, wobei es ihnen frei stand, Notizen anzufertigen", heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion. Nur 37 Mitarbeiter aus der Fachebene der Ministerien informierten sich demnach. "Der Leseraum in der US-Botschaft wurde seit seiner Einführung im Mai 2015 von 37 Personen aus verschiedenen Ressorts aufgesucht", so das Papier.

Gegner des Freihandelsabkommens kritisieren, dass die Öffentlichkeit über den Fortgang der TTIP-Verhandlungen nicht oder zu zögerlich informiert wird. Bisher kann sich nur die Bundesregierung über den Stand der Verhandlungen informieren - und dies auch nur im Leseraum der US-Botschaft. Der Besuch des Leseraums durch nur 37 Personen, die nicht der Regierungsebene angehören, lässt darauf schließen, dass sich die Regierung selbst offenbar ausreichend informiert sieht - oder ihr Interesse begrenzt ist.

"Der Umgang der Bundesregierung mit diesen wichtigen Dokumenten ist schlampig und der Brisanz der Texte überhaupt nicht angemessen", kritisierte Grünen-Politikerin Katharina Dröge. "Es ist bezeichnend, dass kein einziger Minister es für nötig hält, selbst einen Blick auf die Unterlagen zu werfen."

Nach einer Intervention unter anderem von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sollen bald auch Mitglieder des Bundestags Einblick in die TTIP-Unterlagen erhalten. Allerdings warten die Abgeordneten darauf bereits seit Wochen. "Es ist überfällig, dass wir Abgeordnete endlich selbst Einsicht in diese Texte nehmen. Dass wir darauf monatelang warten mussten, ist ein Unding", sagte Dröge.

(mar)
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