NRW – Wirtschaft im Wandel Das sind die Gewinner des Wettbewerbs
Start-ups
Dermanostic (Düsseldorf)
Schon allein die Zusammensetzung des Gründerteams von Dermanostic ist ungewöhnlich: Zwei Ehepaare haben das Düsseldorfer Start-up gegründet, das den Dermatologen per App liefert. Patienten können Bilder von Hautauffälligkeiten schicken und bekommen von Ärzten innerhalb von 24 Stunden eine Diagnose gestellt. Die beiden Gründerinnen Estefanía Lang und Alice Martin hatten bereits während des Medizin-Studiums ein Start-up gegründet. Mit Dermanostic verfolgt das Team größere Pläne. Künftig soll auch digitale Technik bei der Diagnose helfen – den Arzt allerdings nicht ersetzen. Denn die Gründer sind überzeugt: Ohne den menschlichen Faktor wird es nicht funktionieren.
Rimasys (Köln)
Piloten üben ihr Handwerk im Flugsimulator, bevor sie eine Maschine mit echten Passagieren steuern. So etwas Ähnliches will Rimasys den Chirurgen bieten. Normalerweise üben Mediziner an künstlichen Knochen oder während des Studiums an unverletzten Körperspenden im Anatomiekurs. Rimasys will die Weiterbildung für Orthopäden und Sportmediziner aufwerten. Ein Roboter fügt gespendeten Gliedmaßen maßgeschneiderte Verletzungen zu. Zusätzlich liefert Rimasys auch Modelle aus dem 3D-Drucker. Nach der Übung kann der Chirurg mittels virtueller Realität das Ergebnis überprüfen.
Schüttflix (Gütersloh)
Im Juni 2018 haben Christian Hülsewig und Thomas Hagedorn in Gütersloh ihr Start-up Schüttflix gegründet, einen Plattform über die beispielsweise Bauunternehmen große Mengen Kies, Sand und Schotter bestellen können. Das war die erste gute Idee. Die zweite gute Idee heißt Sophia Thomalla. Die Schauspielerin stieg bei dem Start-up ein – und wurde das Gesicht der Marke. Plötzlich berichteten große Fernsehsender, Zeitungen und Co. über das Start-up und verhalfen dem Team so zu kostenloser Werbung, die in einem rasanten Wachstum mündete. Ein analoger und sehr zersplitterter Markt wird nun von Schüttflix digitalisiert.
Kleine Unternehmen & Handwerk
Anima Res (Bonn)
1997 gründet sich Anima Res und widmet sich zunächst der 3D-Visualisierung in der medizinischen Branche. 2009 schlägt das Unternehmen eine neue Richtung ein: die Entwicklung von Virtual Reality für die medizinische Ausbildung. Das Potential dieser Technik ist groß, die Anwendungsmöglichkeiten vielfältig. In seiner kurzen Geschichte wird Anima Res zum international anerkannten Experten auf seinem Gebiet. Längst ist das Unternehmen in den Fokus von großen Tech-Firmen wie Google, Microsoft und Apple gerückt – die Anima Res zur Mitarbeit an ihren Projekten eingeladen haben. Vor rund einem Jahr unterschrieben die Gründer und Entwickler Rodrigo und Pablo Olmos einen Kooperationsvertrag mit der Universität Bonn.
Junges Theater Bonn (Bonn)
Mit rund 150.000 Besuchern im Jahr ist es das meistbesuchte Jugend- und Kindertheater Deutschlands – dabei stand das Junge Theater Bonn einst vor einem Scherbenhaufen. Eine klare Neuorientierung aller unternehmerischen Entscheidungen an den Bedürfnissen der Besucher führte zu außergewöhnlich hohen Besucherzahlen, aber auch zu einer besonders hohen Identifikation der Besucher mit dem Theater. Im vergangenen Jahr konnte es sein 50. Jubiläum feiern. 2016 förderte die NRW-Stiftung den Betrieb mit einer Zahlung von 140.000 Euro.
Wellkistenfabrik Fritz Peters (Moers)
Seit den 1960er Jahren ist die Nachfrage nach Wellpappe kontinuierlich gestiegen. Doch das Unternehmen Wellkistenfabrik Fritz Peters profitierte davon nur bedingt. Viel zu kleinteilig waren die Aufträge, viel zu mühselig Auf- und Umbau der Anlagen für die geringen Stückzahlen. Also erfand Peters sich neu – und setzte unter anderem auf Verpackung für den Online-Handel. Mit Erfolg. Inzwischen arbeitet man auch an nachhaltigeren Materialien, zum Beispiel auf Basis von Grasfasern. Innovationen gibt es aber auch in anderen Bereichen. 2018 bekam man einen Innovationspreis für eine aus einem Stück Wellpappe gefertigte hochwertige Bier-Verpackung.
Wystrach (Weeze)
Die Herstellung von Transportsystemen für Industriegase hat das Familienunternehmen Wystrach innerhalb von 31 Jahren zu einem der größten Arbeitgeber in Weeze mit derzeit rund 200 Mitarbeitern wachsen lassen. Pro Jahr versorgt die Firma den internationalen Markt mit 13.000 bis 14.000 Bündeln, bei denen mehrere Gasflaschen über Rohre miteinander verbunden sind. Auch Paletten und größere Einheiten wie Trailer oder Wechselbrücken werden gebaut. Inzwischen arbeitet das Unternehmen jedoch auch an der Zukunft – etwa an Tanksystemen für den ersten Wasserstoff-Zug.
ZSK Stickmaschinen (Krefeld)
2007 sah es so aus, als wäre die Zeit der 1984 aus einer Insolvenz der Zangs AG hervorgegangenen Firma ZSK Stickmaschinen bald wieder vorbei. Die Konkurrenz aus China setzte das Krefelder Unternehmen mit Dumpingpreisen unter Druck. Die Lösung war ein Wandel des Geschäftsmodells: Neben klassischen Stickmaschinen stellt ZSK heute auch Hightech-Lösungen her, die unter anderem in der Automobilindustrie zum Einsatz kommen. So werden beispielsweise die Heizdrähte von Sitzheizungen von ZSK-Maschinen gelegt und fixiert. Sogar Carbon-Fasern für Flugzeugfenster werden mit den Maschinen aus Krefeld gelegt.
Mittelstand & Konzern
Deutsche Glasfaser (Borken)
Die Deutsche Glasfaser macht dort Tempo, wo die Konkurrenz zögerlich agiert: im ländlichen Raum. Vor zehn Jahren startete das neu gegründete Unternehmen mit dem Ausbau von Glasfaseranschlüssen bis zu Haustür („FTTH“) in den Landkreisen Borken und Heinsberg. Heute ist man in zehn Bundesländern aktiv. Die Deutsche Glasfaser setzt dabei auf Bürgerbeteiligung – ausgebaut wird da, wo sich ein bestimmter Prozentsatz der Bevölkerung dafür ausspricht und Verträge abschließt. Ursprünglich aus einem niederländischen Bauunternehmen hervorgegangen, ist die Deutsche Glasfaser inzwischen zum Investitionsobjekt von Finanzinvestoren geworden. Zuletzt stieg unter anderem der schwedische Investor EQT bei dem Unternehmen ein.
SMS Group (Düsseldorf)
Das Unternehmen hat harte Zeiten hinter sich. Der Auftragseingang ist seit Jahren rückläufig, weil kaum noch neue Stahlwerke gebaut werden. Deutschlandweit wurden massiv Stellen abgebaut. Die Zeit des reinen Anlagenbauers ist vorbei, erkannte Vorstandschef Burkhard Dahmen bereits vor knapp fünf Jahren. Also müssen neue Geschäftsmodelle her – digitale. Seit 2016 treibt das Unternehmen die Digitalisierung des Kerngeschäfts voran. Dazu wurde zunächst eine eigene Digitaltochter, SMS Digital, außerhalb des Unternehmens gegründet. Nun will die SMS Group die alte und neue Welt zusammenführen. In Mönchengladbach soll ein moderner Campus entstehen, in dem an der Zukunft des Unternehmens gearbeitet werden soll.
Timocom (Erkrath)
Timocom ist als digitales Schwarzes Brett zur Anbahnung von Transporten auf der Straße groß geworden. Seit dem Start im Jahr 1996 ging es darum, das Internet als Vermittlungsplattform zu nutzen. 2018 entschied man sich dennoch für einen Neuanfang – und richtete das Unternehmen strategisch neu aus. Ziel war die Entwicklung eines zentralen Logistik-Systems für ganz Europa. Heute werden darüber täglich bis zu 750.000 internationale Fracht- und Laderaumangebote eingestellt und verarbeitet. Aus dem Spediteur ist ein Tech-Unternehmen geworden, der sich gegen Anbieter wie Uber Freight behauptet.