Große regionale Unterschiede Was Ärzte in NRW an Privatpatienten verdienen

Düsseldorf · In Leverkusen und Düsseldorf machen Ärzte mit Privatpatienten besonders wenig Mehrumsatz, in Landkreisen wie Coesfeld und Kleve dagegen besonders viel. Für die PKV ist das ein Beleg dafür, dass ihre Kunden Praxen im ländlichen Raum sichern.

 Krankenkassenkarten liegen auf einem Tisch (Symbolbild).

Krankenkassenkarten liegen auf einem Tisch (Symbolbild).

Foto: dpa-tmn/Alexander Heinl

Privatpatienten sind für viele Arztpraxen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.  Mit ihnen lässt sich deutlich mehr Geld verdienen. Ein Beispiel: Für eine Langzeit-Blutdruckmessung darf der Arzt privat bis zu 21,86 Euro abrechnen, beim Kassenpatienten nur 8,31 Euro. So sehen es die verschiedenen Vergütungsordnungen vor. Im Schnitt erzielt jeder niedergelassene Arzt in NRW jährlich 60.500 Euro Mehrumsatz mit Privatpatienten. Das sind Einnahmen, die nur dadurch entstehen, dass der Arzt Leistungen privat abrechnet. Landesweit kommen so 1,37 Milliarden Euro Mehrumsatz zusammen, wie der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) ermittelt hat. Doch die regionalen Unterschiede sind groß und überraschend, wie der erste Regionalatlas für NRW zeigt, der unserer Redaktion vorab vorliegt: Spitzenreiter ist Coesfeld mit einem durchschnittlichen Mehrumsatz von 108.333 Euro je Praxis und Jahr. Am unteren Ende liegen Leverkusen mit 32.646 Euro  und Düsseldorf mit 37.359 Euro.

Laut den PKV-Experten spielen dabei drei Faktoren eine Rolle: der Anteil der Privatpatienten in der Region – je mehr, desto besser für die Ärzte; das Durchschnittsalter der Privatpatienten – je älter, desto häufiger gehen sie zum Arzt; das Kostenniveau – je höher Mieten und Gehälter in der Region, desto ungünstiger für den Arzt.

In Düsseldorf etwa ist der Anteil der Privatpatienten an der Bevölkerung mit 14,4 Prozent überdurchschnittlich hoch, so die PKV. Landesweit sind es nur 10,6 Prozent. Doch zugleich gibt es in Düsseldorf viele junge Privatpatienten, die selten zum Arzt gehen. Zudem ist das Niveau bei Mieten und Gehältern besonders hoch. Das schmälert den realen Mehrumsatz des Arztes, auf dessen Basis der Verband seinen Atlas erstellt hat.

In Leverkusen ist dagegen, trotz des gut zahlenden Arbeitgebers Bayer,  der Anteil der Privatversicherten mit 8,5 Prozent unterdurchschnittlich, das Kostenniveau aber eher hoch, so die Experte. Das erklärt, warum Leverkusen bei den Mehrumsätzen die rote Laterne trägt.

NRW: So viel verdienen Ärzte an Privatpatienten
Foto: Quelle: PKV-Deutschlandatlas, Stand 07/2019 | GRAFIK: PKV-Deutschlandatlas, RP

Ganz anders sieht es bei Ärzten auf dem Land aus wie in Coesfeld. Sie profitieren gleich dreifach: von einem hohen Anteil an Privatpatienten (12,1 Prozent), von einem hohen Durchschnittsalter und dem günstigen Kostenniveau. Ähnliches gilt für den Kreis Kleve, wo der Arzt im Schnitt einen Mehrumsatz von 82.550 Euro macht. Hier ist der Privatpatienten-Anteil zwar mit 9,8 Prozent eher niedrig, doch das Durchschnittsalter hoch.

Den höchsten Anteil an Privatversicherten bundesweit hat Bonn mit 18,9 Prozent. Dort macht sich die hohe Zahl der Beamten und gut verdienenden Manager (etwa bei Telekom und Post) bemerkbar. Doch real haben die Ärzte erstaunlich wenig davon: Mit 40.619 Euro fällt der Mehrumsatz eher mager aus. Bonn ist eben auch ein teures Pflaster. Den geringsten Anteil an Privatpatienten hat Gelsenkirchen (5,8 Prpozent). Trotzdem kommen die Ärzte hier auf einen durchschnittlichen Mehrumsatz mit Privaten von 49.265 Euro – also deutlich mehr als in Düsseldorf. Die Kosten in Gelsenkirchen sind eben gering und das Durchschnittsalter hoch.

Für den Verband widerlegt der Atlas die von SPD und Grünen vertretene These, dass Privatpatienten für die Ungleichverteilung von Ärzten zwischen Stadt und Land verantwortlich seien. So sagte der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (SPD): „Die meisten Ärzte zieht es dorthin, wo es viele Privatversicherte gibt, und das ist vornehmlich in den Metropolen der Fall.“ Florian Reuther, Direktor des PKV-Verbands, hält dagegen: „Privatversicherte tragen gerade auch in ländlichen Regionen überproportional zum Fortbestand der Arztpraxen bei.“ Eine Einheitsversicherung für alle würde zu keiner besseren Verteilung führen. „Wer die Mehrumsätze der Privatpatienten streicht, gefährdet die medizinische Versorgung auf dem Land noch stärker als in Städten.“

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