Hannover NRW-Industrie zeigt Zukunft in Hannover

Hannover · Siemens zeigt der Kanzlerin, was 3D-Druck kann. Die Essener GFOS führt eine Software vor, die die Joghurt-Herstellung überwacht. Im Mittelpunkt der Hannover Messe steht erneut die Industrie 4.0.

Joe Kaeser hat ein ganz besonderes Geschenk für die Kanzlerin: Ein kleines Ebenbild von Angela Merkel aus dem 3D-Drucker. Bei den Maßen habe man mit Näherungswerten gearbeitet, ergänzt der Chef von Deutschlands größtem Industriekonzern Siemens hastig. Merkel lacht.

Die Hannover-Messe ist voll von solchen Spielereien, doch vieles von dem, was vorgeführt wird, findet sich früher oder später in den Fabriken wieder. Denn die Hannover Messe ist die größte Leistungsschau der Industrie weltweit. Das merkt man schnell, wenn man durch die Hallen schlendert: USA, Russland, China, Indien oder das diesjährige Partnerland Polen - kaum eine große Nation ist hier nicht vertreten. Und fast überall geht es um das gleiche Thema: Digitalisierung. Durch die Digitalisierung der Industrie werden sich neue Geschäftsmodelle ergeben, Produktionsabläufe ändern und ganze Branchen verändern. Jederzeit kann irgendwo auf der Welt ein junges Start-up an einer Idee arbeiten, durch die das Geschäft eines Traditionsunternehmens überflüssig wird.

Doch wenn man Unternehmen fragt, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf ihr Geschäft hat, fallen die Antworten sehr unterschiedlich aus. "Wir können jetzt bei Facebook Anzeigen schalten, die genau unserer Zielgruppe angezeigt werden", sagt der Mitarbeiter eines Unternehmens aus dem Münsterland. Die Frage, ob es sonst noch Folgen gibt, quittiert er mit einem verständnislosen Blick. Vielleicht weiß er einfach nicht, welche Projekte in seiner Firma laufen. Man kann es nur hoffen. Denn gewaltige Umwälzungen erwarten die Industrie, wie in Hannover auf jedem Quadratmeter spürbar ist.

Beim US-Unternehmen Rockwell Automation, das seinen Deutschland-Sitz in Düsseldorf hat, zeigen sie in Halle 7, wie man Fabrikanlagen per Datenbrille und Smartphone steuern kann. An anderen Ständen wird man von Robotern mit menschlichem Antlitz begrüßt, während andernorts gewaltige Industrieroboter wie Kraken ihre Arme in den Himmel recken.

Für Firmen wie GFOS brechen daher goldene Zeiten an. Das Unternehmen aus Essen stellt seit 1988 Software für die Industrie her, mit der sich Maschinen genau überwachen lassen. Zu den Kunden zählt etwa der Bielefelder Lebensmittel-Riese Dr. Oetker. "Kein Joghurt wird dort ohne unser System hergestellt", sagt Miriam Czepluch-Staats von GFOS. Die Technik sei natürlich schon früher eingebaut worden, doch durch das Thema Industrie 4.0 bekomme das Ganze für Anbieter wie sie noch einmal "eine ganz neue Dimension". Industrie 4.0, damit ist die intelligente Fabrik gemeint - eine Zukunftsvision, die gar nicht mehr so weit entfernt ist.

Die Digitalisierung verändert nicht nur die Fertigung, sondern auch Geschäftsmodelle. In Halle 16 steht Armin Papenmeier an einem kleinen Stand, an dem in einer Vitrine ein paar Leiterplatten ausgestellt sind und an einem Gerüst ein paar Lampen leuchten. Neben den Spezialleuchten und der Elektronik stellt Papenmeier ein Gerät her, das Blinden die Schrift vom Computerbildschirm in Braille-Schrift zum Fühlen übersetzt. 1975 wurde das Gerät auf den Markt gebracht und seitdem immer weiterentwickelt.

Doch inzwischen kann man sich viele Texte automatisch vorlesen lassen und Geräte per Sprache bedienen. Bedeutet das also bald das Aus von Papenmeiers Geschäftsmodell? Der Geschäftsführer zuckt mit den Schultern: Natürlich mache Spracheingabe schon heute einen Teil der eigenen Geräte überflüssig. "Wenn etwas ersetzt wird, folgt aber auch immer etwas nach", sagt er: "Das bedeutet für uns: Vielleicht wird weniger Hardware gebraucht, aber dafür mehr Software. Wir müssen einfach innovativ bleiben."

(frin)
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