Netzentgelte Nord und Süd streiten um Strompreis

Düsseldorf · Drei Bundesländer fordern neue Regionen in Deutschland. Sie wollen eine gerechtere Verteilung der Netzentgelte, für die derzeit im Norden mehr fällig wird als beispielsweise in den südlichen Ländern.

Hochspannungsleitungen in Bayern (Symbolbild).

Hochspannungsleitungen in Bayern (Symbolbild).

Foto: dpa/Nicolas Armer

Vor knapp zwei Wochen beim Energieministertreffen in Hannover dürften die Vertreterinnen und Vertreter der Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein gespürt haben, dass ihre Vorstellungen von einer gerechten Verteilung der Stromnetzentgelte in den Ministerien der anderen Länder wenig Begeisterung entfachen würden. Sie argumentieren, der Strom solle da, wo er erzeugt werde, billiger sein als fernab dieser Regionen, und fordern die Einrichtung von Strompreisregionen. Der Tenor der drei norddeutschen Länder: Wir haben in der Vergangenheit am meisten für die Windkraft und die Energiewende getan, und davon wollen wir jetzt auch profitieren, anstatt dass unsere Unternehmen und Bürger mehr zahlen müssen als die anderen.

Das ist in der Tat so. Ein Beispiel: Im südlich gelegenen Bayern kostet eine Kilowattstunde durchschnittlich etwas weniger als sieben Cent, in Schleswig-Holstein dagegen zehn Cent. Wie hoch das Netzentgelt ist, hängt mit mehreren Faktoren zusammen. Erstens spielt die Besiedelungsdichte eine Rolle, die im Norden und Nordosten tendenziell geringer ist. Denn auf je mehr Bürger die Netzentgelte umgelegt werden können, desto niedriger ist die Belastung für jeden Einzelnen. Zweitens ist die Anzahl der Industrieunternehmen – in Bayern beispielsweise deutlich höher als im Norden – wichtig. Dazu kommen der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung und das Alter der Anlagen.

Alles zusammen führt dazu, dass die Menschen im Norden stärker zur Kasse gebeten werden als die im Süden. Und das soll sich nach den Vorstellungen der Küstenländer ändern. Sie wollen eine Neuberechnung der Entgelte, quasi einen Preisrabatt für sich. „Wenn ich da lebe oder produziere, wo auch die Energie produziert oder angelandet wird, muss diese Energie dort auch günstiger sein“, hat Niedersachsens Energieminister Olaf Lies (SPD) der „Welt am Sonntag“ gesagt, sein ebenfalls sozialdemokratischer Amtskollege Reinhard Meyer aus Mecklenburg-Vorpommern sagt, es könne nicht sein, dass Länder, die einen hohen Anteil am Ausbau der erneuerbaren Energien schulterten, die höchsten Strompreise verkraften müssten. Das schade Verbrauchern und Standorten im Norden. Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Tobias Goldschmidt (Grüne) schoss direkt gegen Bayern: Eine Aufteilung in Preiszonen sei „die logische Konsequenz des energiepolitischen Irrweges“ bayerischer Landesregierungen, die mehr als 15 Jahre den Ausbau von Stromnetzen und Windkraft sabotiert hätten.

Solche Attacken müssen den Widerstand von Markus Söder hervorrufen. Der bayerische CSU-Ministerpräsident Markus Söder verweist auf neun Milliarden Euro bayerische Hilfen, die aus dem Länderfinanzausgleich gen Norden flössen. Und er warnte davor, bei den Netzentgelten Nord gegen Süd auszuspielen.

Kerstin Andreae, die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), erklärte auf Anfrage, der Wunsch einer gerechten Verteilung der für die Energiewende nötigen Infrastrukturinvestitionen sei nachvollziehbar und müsse diskutiert werden. „Dennoch kommt der Vorstoß der norddeutschen Länder zu einem unglücklichen Zeitpunkt. Eine Beibehaltung der einheitlichen Stromgebotszone für Deutschland ist gerade in der aktuell extrem angespannten Lage enorm wichtig, denn die Größe der Preiszone fördert die Liquidität und den Wettbewerb im Strommarkt“, so Andreae. Das sei „in diesen turbulenten Zeiten eminent wichtig, um die Versorgung weiterhin zu sichern“. Auch der Netzausbau zwischen dem Norden und dem Süden müsse vor diesem Hintergrund entschlossen vorangetrieben – und vor allem auch mit dem Ausbau der Erneuerbaren synchronisiert werden.

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