Mehr Bohrungen geplant Niedriger Ölpreis macht Fracking billiger

Düsseldorf · Der Preisverfall hat dazu geführt, dass die Anzahl aktiver Bohrlöcher in den USA stark zurückgegangen ist und viele Firmen vom Markt verschwanden. Die verbliebenen produzieren kostengünstiger und planen wieder mehr Bohrungen.

Umstrittene Energiegewinnung: So funktioniert Fracking
Infos

Umstrittene Energiegewinnung: So funktioniert Fracking

Infos
Foto: afp, DM/jk

Es erscheint wie ein marktwirtschaftlicher Mechanismus in Perfektion: Nachdem der Preis für Rohöl von 107 Dollar pro Barrel (159 Liter) im Juni 2014 um 60 Prozent auf 43 Dollar im März abstürzte, sank mit zeitlicher Verzögerung auch die Anzahl der betriebenen Öl-Bohrlöcher in den USA. Während im Oktober noch an 1609 Stellen gebohrt wurde, nahmen die Bohrungen sukzessive ab - im Juni gab es nur noch 631. Auch dies ist ein Rückgang um 60 Prozent.

Doch die sinkende Zahl von aktiven Bohrtürmen führte nicht zu dem erwarteten Einbruch der Produktion. Hier hört das einfache Gesetz von Angebot und Nachfrage auf. Stattdessen förderten die USA sogar mehr. Im April belief sich die Fördermenge auf rekordverdächtige 9,7 Millionen Barrel pro Tag — das ist der höchste Stand seit 43 Jahren. Zwar ging der Wert in den vergangenen beiden Monaten leicht zurück, aber die US-Ölindustrie zeigt sich nach Expertenmeinung äußerst robust und wird die hohen Fördermengen beibehalten. Und das hat Auswirkungen auf den Ölpreis weltweit.

Dreieinhalb Jahre kannte die US-Ölförderung nur eine Richtung: steil nach oben. Verantwortlich ist dafür vor allem das Fracking. Bei der Technik, die in Europa sehr umstritten ist, werden mit einem Wasser-Chemikalien-Gemisch tief liegende Gesteinsgeschichten (vor allem Schiefer) aufgebrochen und dadurch Öl- und Gaslagerstätten erschlossen. Die Öl- und Gas-Industrie war in Goldrausch-Stimmung: Hunderte von Firmen drängten auf den Markt, in Bundesstaaten wie North Dakota und Texas entstanden unzählige Bohrtürme, Zigtausende Menschen fanden hier ihr Auskommen - der hohe Ölpreis jenseits der 90 Dollar machte es möglich.

Hannelore Kraft informiert sich in Kanada über Fracking
6 Bilder

Hannelore Kraft informiert sich in Kanada über Fracking

6 Bilder

Als dieser dann massiv absackte, sei aber nicht automatisch die Förderung zurückgegangen, erklärt Carsten Fritsch, Rohstoff-Analyst bei der Commerzbank. "Es gibt eine zeitliche Verzögerung zwischen Bohrung und Produktion." Nachdem durch das Fracking eine Lagerstätte erst mal erschlossen sei, werde für drei, vier Monate viel Öl gefördert. So seien viele Bohrungen durchgeführt worden, als der Ölpreis noch hoch war, die Förderung erfolgte aber dann zu deutlich niedrigeren Preisen, was die Preisspirale weiter nach unten trieb.

So weit, dass viele Unternehmen Probleme bekamen. "Gerade die kleineren Firmen mit einem hohen Anteil an Fremdfinanzierung sind vom Markt verschwunden", erklärt der Energieexperte Rainer Wiek vom Energie Informationsdienst. Verschwunden seien allerdings nicht die Produktionsstätten - sie seien häufig von größeren Unternehmen mit einer besseren Kostenstruktur, mehr Know-how und modernerem Equipment übernommen worden. Ergebnis: "An weniger Bohrlöchern wird heute die gleiche Menge gefördert", sagt Wiek, wodurch die Produktionskosten zum Teil deutlich gesunken seien.

So weit, dass es nach Ansicht von Fritsch trotz des momentan niedrigen Öl-Preises von unter 60 Dollar pro Barrel für einige Unternehmen wieder lukrativ geworden ist, die Förderung auszubauen. "Nachdem 29 Wochen lang ist die Zahl der aktiv betriebenen Bohrlöcher zurückgegangen ist, ist sie in den vergangen beiden Wochen wieder gestiegen." Auf momentan 640. Die Energiebehörde der USA geht für 2016 von einem moderaten Rückgang von 500 000 Barrel pro Tag aus. Da auch Saudi-Arabien die Förderung hoch halte, werde sich an dem bestehenden Überangebot und dem niedrigen Öl-Preis so schnell nichts ändern, erklärt Fritsch.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort