Auch für kleine Unternehmen wird es schwer Neue Standards: Kunden kommen künftig kaum an Kredite

Berlin (rpo). Wer für die Zukunft größere Anschaffungen plant, die über einen Kredit zu finanzieren sind, sollte sich vor 2006 Gedanken machen. Denn dann sollen mit "Basel II" neue Eigenkapitalvorgaben in Kraft treten, die auch Privatkunden eine Kreditaufnahme erschweren könnten.

Privatkunden von Banken werden es nach Einschätzung von Verbraucherschützern künftig schwer haben, an Kredite zu kommen. Grund seien die künftigen Eigenkapitalvorgaben für Banken (Basel II), die auch mittleren und kleinen Unternehmen bei der Suche nach Geldquellen zu schaffen machen könnten. "Viele Privatkunden werden durch die neuen Eigenkapitalstandards für Kreditinstitute kaum noch an Kredite kommen können", heißt es in einer am Dienstag in Berlin vorgelegten Studie des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen.

Die neuen Eigenkapitalregeln von Basel II sollen nach derzeitigem Stand Ende 2006/Anfang 2007 in Kraft treten. Nach dem Willen der internationalen Finanzaufsicht sollen Kreditrisiken mit Bewertungen der Darlehensnehmer - so genannten Ratings - besser beurteilt werden als bisher. Das jeweilige Risiko muss mit Eigenkapital unterlegt werden. Diese Unterlegung orientiert sich dann stärker an den tatsächlichen Risiken - also an der Bonität der Bankkunden.

"Die Auswirkungen der neuen Kreditvergaberegeln auf die Verbraucher wurden bislang sträflich vernachlässigt", kritisierte vzbv-Experte Manfred Westphal. Nicht nur Firmenkredite, sondern auch alle Kredite an Privatpersonen, von der Baufinanzierung bis zum Dispo, seien betroffen. Zwar seien die konkreten Auswirkungen noch unklar, weil die Pläne noch nicht verabschiedet sind. "Fest steht jedoch: Für Gruppen schlechterer Bonität werden Kredite in jedem Fall teurer, im Extremfall sogar unerreichbar. Dazu können vor allem junge, noch nicht gut verdienende Familien oder Singles gehören."

Jeder zahlt sein eigenes Risiko

"Es ist nur die halbe Wahrheit, Basel II als gerechter zu bezeichnen, weil künftig jeder sein eigenes Risiko bezahlt", sagte Westphal. Es sei kein Zufall, dass es in Ländern mit besonders ausgeprägter Rating-Tradition wie den USA oder Großbritannien auch besondere Probleme beim Zugang sozial schwacher Bevölkerungsgruppen zu Finanzdienstleistungen gebe. Zudem seien die Rating-Systeme fast völlig intransparent. Über die genauen Kriterien und Gewichtungen seien die Kreditinstitute keine Rechenschaft schuldig. "Dadurch ist für einen Verbraucher kaum ersichtlich, warum er für einen Kredit eventuell mehr bezahlen muss als sein Nachbar", heißt es.

Die Verbraucherschützer fordern, dass auch Kunden mit hohen Risiken Zugang zu Krediten erhalten. Dabei müsse eine Mindestversorgung ähnlich dem Girokonto auf Guthabenbasis möglich sein. Gegebenenfalls müsse es auch "kooperative Lösungen" von Verbänden, Kreditinstituten und öffentlicher Hand geben. Erforderlich sei zudem mehr Transparenz bei der Bonitätsbewertung von Kunden. Kreditkonditionen müssten vergleichbar sein.

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