Wolfsburg/Berlin Neue Razzia bei Audi

Wolfsburg/Berlin · Wegen des Dieselskandals wurden Privatwohnungen der VW-Tochter durchsucht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen Bosch-Mitarbeiter. Im Streit um die Abgastests stellt sich heraus: Die Affen wurden wohl geschädigt.

Die Autobauer Volkswagen, BMW und Daimler kommen wegen der Abgasaffäre und wegen fragwürdiger Tests mit zehn Affen immer stärker unter Druck.

Erstens durchsuchten Fahnder der Staatsanwaltschaft München gestern Privaträume weiterer Audi-Mitarbeiter in den drei Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Die Zahl der Beschuldigten in dem Verfahren wegen Betruges sowie strafbarer Werbung sei von zuletzt sechs Personen auf 13 ausgeweitet worden, sagte eine Sprecherin der Behörde. Konkret geht es darum herauszufinden, wer dafür verantwortlich war, dass Motoren illegale Abschalteinrichtungen eingebaut bekamen, die auf dem Prüfstand bessere Abgaswerte aufwiesen als im Alltagsbetrieb.

Zweitens stellt sich nun heraus, warum wohl die Ergebnisse der Testreihe mit den Affen nie veröffentlicht worden waren.

Das Resultat der 2015 in den USA durchgeführten Studie war nämlich gewesen, dass die Affen unter den Abgasen eines damals relativ neuen VW-Beetle (Baujahr 2013) anscheinend mehr litten als unter den Abgasen eines viel älteren Diesel-Ford-Pickup. "Die Ergebnisse sind offensichtlich nicht, was erwartet worden war", heißt es in einer Mail des Forschungsleiters Jacob McDonald vom 12. Januar 2016, den die "Bild"-Zeitung gestern veröffentlichte. Denn bei den Affen, die den Diesel des neuen Beetle einatmeten, wurden mehr Entzündungszeichen gefunden als bei den Tieren, die Abgas vom alten Diesel inhaliert hatten.

Als Reaktion deutete McDonald an, man könne ja auch nur über die Testergebnisse mit dem älteren Auto berichten, ein anderer Mitarbeiter schrieb: "Ich habe versucht, die Wucht aus den Ergebnissen abzuschwächen." Tatsache ist, dass die Studie niemals veröffentlicht worden ist. Die von VW, BMW und Daimler finanzierte Lobbyorganisation EUGT zahlte nur 649.000 Dollar für die Arbeiten durch das Institut Lovelace-Labor. Das EUGT verweigerte auch eine Schlusszahlung von 71.858 Dollar. "Dieser ganze Vorgang zeigt, dass es nur um die Planung einer Propaganda-Show ging, nicht um seriöse Wissenschaft", sagt dazu der Wirtschaftsprofessor und Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer.

Wie ernst die drei Autobauer die Lage einschätzen, zeigte sich gestern bei einer Sondersitzung der Untersuchungskommission der Bundesregierung zum Abgasskandal. VW, Daimler und BMW hätten versprochen, künftig keine eigenen Studien mit Lebewesen mehr durchzuführen. Das teilte das Bundesverkehrsministerium mit.

Nachdem VW bereits den General-Manager Thomas Steg wegen der Aktivitäten des EUGT freistellte, zieht auch Daimler personelle Konsequenzen: Der Stuttgarter Autobauer mit dem "Stern" schasste den Mitarbeiter, der den Konzern beim EUGT vertrat. "Die Freistellung erfolgt mit sofortiger Wirkung", teilte Daimler mit. BMW erklärte, der ehemalige Konzernvertreter im EUGT-Vorstand - ein Referent, kein hochrangiger Manager - wirke an der internen Untersuchung mit. "Er bleibt Mitarbeiter der BMW Group." Er sei "auf eigenen Wunsch von seinen aktuellen Aufgaben befreit", solange die Untersuchungen liefen.

Auch der Zulieferer Bosch wird von der Abgasaffäre zunehmend in Mitleidenschaft gezogen. Die Staatsanwaltschaft leitete ein viertes Ermittlungsverfahren ein; betroffen sind zwei Mitarbeiter in den USA. Es bestehe der Anfangsverdacht, so die Staatsanwaltschaft, dass seit 2014 zwei mit Dieselmotoren ausgestattete Fahrzeugtypen der Marke Chrysler auf den US-Markt gebracht worden seien, bei denen die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems verringert wurde.

(RP)
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