Berlin Neue Milliardenhilfen für Banken

Berlin · Seitdem die französische Bank Dexia ins Strudeln geraten ist, wächst die Angst, auch andere Geldinstitute könnten unter der Last der Schuldenkrise zusammenbrechen. Die Europäische Zentralbank eilt den Banken nun mit Milliardenprogrammen zu Hilfe.

Die europäische Schuldenkrise hat sich längst zu einer neuen Finanzkrise ausgewachsen. Die Banken ächzen unter den Lasten der Abschreibungen, manche drohen sogar, daran zu kollabieren, wie sich an der französischen Dexia Bank derzeit beobachten lässt. Nun eilt die Europäische Zentralbank (EZB) zur Hilfe – mit Maßnahmen, die sich bereits in der Finanzkrise 2008/2009 bewährten.

Zum einen legt die Zentralbank zwei langfristige Refinanzierungsgeschäfte auf: eines mit einer Laufzeit von zwölf Monaten im Oktober und ein weiteres über 13 Monate im Dezember. Das heißt, die Banken können sich über diesen Zeitraum bei der EZB so viel Geld leihen, wie sie benötigen. So erhalten sie Planungssicherheit in Zeiten der Krise.

Zum anderen will die EZB den europäischen Banken Pfandbriefe und andere gedeckte Anleihen im Wert von 40 Milliarden Euro abkaufen. Dieses Vorhaben steht im Kontrast zum umstrittenen Erwerb von Staatstiteln der Euro-Schuldenländer, der auch von der deutschen Notenbank heftig kritisiert wurde. Wie lange der Aufkauf noch weitergehen soll, ließ Trichet offen. Das Programm sei aber "temporär" angelegt, betonte der EZB-Chef.

Die neuen Maßnahmen der Zentralbank sind nötig, weil sich die europäischen Banken untereinander kaum noch Geld leihen. Stattdessen parken die Institute ihr Kapital lieber über Nacht bei der EZB. Vor allem die Finanzinstitute in den kriselnden Staaten der Euro-Zone wie Griechenland, Irland und Portugal finden kaum noch Geldgeber. Der Grund: Kaum jemand weiß, welche Risiken in den Bilanzen der Banken schlummern, die viele Staatsanleihen von Risikostaaten wie Griechenland in ihren Büchern haben. Aber: Je weniger Geld sich die Banken untereinander leihen, desto mehr schränken sie auch ihre Liquidität gegenseitig ein und damit ihre Handlungsfähigkeit.

Mit der kritischen Lage der Banken beschäftigte sich gestern auch die EU-Kommission. Sie rief die Mitgliedstaaten dazu auf, die Institute notfalls mit Kapitalspritzen zu unterstützen, um eine neue Branchenkrise zu verhindern. Die Kommission werde ein abgestimmtes Vorgehen vorschlagen, um die Banken zu rekapitalisieren und von faulen Wertpapieren zu befreien, kündigte Präsident José Manuel Barroso in einem Interview mit "Youtube" an. "Wir sind entschlossen, alles zu tun, um sicherzustellen, dass die europäischen Banken ihre wichtige Rolle als Kreditgeber von Bürgern und Unternehmen spielen können", sagte er.

Dringenden Handlungsbedarf sieht auch EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia. Bei den Banken müssten die Bestände an Staatsanleihen überprüft werden. "Wir müssen die Rekapitalisierung fördern, um die Lebensfähigkeit der Banken zu sichern", sagte er. "Als letztes Mittel sollte öffentliche Unterstützung wieder in Betracht gezogen werden."

Als Reaktion auf Barrosos Äußerungen zogen die Aktienkurse europaweit an, der Euro legte leicht zum Dollar zu. "Es steigt die Zuversicht, dass die Politik die Probleme im Bankensektor angeht und die Staaten Gewehr bei Fuße stehen", sagte ein Börsianer. Die Zuversicht könnte allerdings voreilig sein. Die 27 EU-Staaten tun sich schwer mit der von der Kommission geforderten Abstimmung. Die wird aber für notwendig gehalten, um den Wettbewerb unter den Banken nicht zu verzerren.

Die drohende Schieflage der französisch-belgischen Bank Dexia hat die Euro-Länder aufgerüttelt. So wie Dexia könnten noch andere Institute im Strudel der Euro-Schuldenkrise in Bedrängnis kommen. Denn die Bank hatte trotz ihres hohen Engagements in Griechenland den Banken-Stresstest bestanden.

(RP)
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