Bruderstreit Nächste Familienfehde bei Tengelmann

München · Georg Haub verklagt seinen Bruder Christian wegen der Auflösung von Rücklagen. Der Geschwisterstreit verschärft sich. Dabei schien schon fast Ruhe im Familienunternehmen eingekehrt zu sein.

 Georg (links) und Christian Haub

Georg (links) und Christian Haub

Foto: Fotos: dpa, Tengelmann

Fast schien es so, als sei nach dem Ende des Streits um das Erbe des früheren Tengelmann-Chefs Karl-Erivan Haub Frieden im Konzern eingekehrt. Doch der hat nicht wirklich lange gehalten, mittlerweile ist der nächste Teil der ruhmlosen Familienfehde in Gang gekommen. Christian Haub, der nach der Übernahme der Anteile von Karl-Erivan 69 Prozent der Anteile an Tengelmann hält, ist von seinem Bruder Georg Haub (ihm gehören die restlichen Anteile) verklagt worden. Es geht um mehr als eine Milliarde Euro an Rücklagen, die aufgelöst und ausgezahlt worden sind. Georg Haub will, dass dieses Geld in die Firmenkasse zurückfließt. Als Erste hatte die „Lebensmittelzeitung“ über den neuen Streit berichtet.

Seit Karl-Erivan Haub vor gut vier Jahren unter mysteriösen Umständen in den Schweizer Alpen verschwand und nie wieder auftauchte, ist immer offensichtlicher geworden, wie schlecht es um das Verhältnis der Brüder untereinander bestellt war und ist. Haub verschwand damals bei einem Skiausflug, bei dem er allein unterwegs war; der seinerzeit Verschollene wurde im vergangenen Jahr für tot erklärt, nachdem in Zermatt und Umgebung wochenlang nach ihm gesucht worden war.

Dabei schienen Georg und Christian Haub sich zunächst weitgehend einig zu sein, als der Zwist mit der Witwe ihres Bruders und deren beiden Kindern eskalierte, auch wegen der Erbschaftsteuer, die Erben in solchen Fällen zahlen müssen. Doch spätestens als Georg Haub im Januar des vergangenen Jahres seinen Antrag, den verschollenen Bruder für tot erklären zu lassen, überraschend zurückzog, wurden die Risse zwischen ihm und Christian Haub noch sichtbarer. Das Verhältnis scheint angespannter denn je.

Hintergrund der Klage ist ein Gesellschafterbeschluss von Anfang Dezember des vergangenen Jahres. Gestritten wird um die Auflösung von Rücklagen in Höhe von 1,17 Milliarden Euro. Der Beschluss konnte nach Ansicht von Christian Haubs Anwalt Mark Binz, „mit einfacher, zumindest aber mit der meinem Mandanten zustehenden Zwei-Drittel-Mehrheit, also auch gegen den Willen von Georg Haub“ gefasst werden. Der wiederum hält für diesen Beschluss eine Drei-Viertel-Mehrheit für erforderlich. Von der aufgelösten Rücklage seien entsprechend den Beteiligungs-Quoten rund 800 Millionen Euro an seinen Mandanten geflossen und knapp  370 Millionen Euro Georg Haub gutgeschrieben worden, sagt Binz. Der habe der Rücklagen-Auflösung aber nur gegen Einräumung einer höheren Beteiligung und stärkeren Mitspracherechten im Unternehmen, beispielsweise über eine paritätische Besetzung des Firmen-Beirates, zustimmen wollen. Dazu hat sich Georg Haub allerdings bisher nicht geäußert.

Wieder einmal geht es also um die Machtfrage im Konzern. Eingereicht worden ist die Klage beim Landgericht München. Dort hat die neue Tengelmann nach dem Umzug von Mülheim/Ruhr ihren Sitz. „Dieser Schritt folgt der bereits vor mehr als zwei Jahren eingeleiteten Neuausrichtung der Muttergesellschaft als strategische Holding“, hatte Tengelmann damals mitgeteilt. Der frühere Handelskonzern versteht sich unter der Leitung von Christian Haub heute als Equity Investor, zu dessen Beteiligungskreis einerseits Traditionsunternehmen wie die Baumarktkette Obi und der Textildiscounter Kik gehören, der aber anderseits auch den Start-up-Geldgeber Tengelmann Ventures, den Online-Shop Babymarkt.de und eine Beteiligung im einstelligen Prozentbereich an der Modeplattform Zalando beheimatet. Die Gesellschaft firmiert unter Tengelmann Twenty-One, was die Neuorientierung im 21. Jahrhundert versinnbildlichen soll.

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