Nach großen Verlusten Dow Jones mit größtem Tagesgewinn seit 1933

New York · In einer rasanten Erholungsbewegung hat der Dow Jones Industrial die heftigen Verluste einer ganzen Handelswoche an einem Tag wieder wett gemacht. Einen solch kräftigen Gewinn hat es seit 1933 nicht mehr gegeben.

Das weltweit bekannteste Börsenbarometer, der Dow Jones Industrial, eroberte am Dienstag mehr als 2000 Punkte zurück und stieg um 11,37 Prozent auf 20.704,91 Punkte. Es glich somit die Verluste der vergangenen Handelswoche aus.

Auftrieb gaben zuversichtliche Aussagen von US-Senatoren, dass ein Billionen US-Dollar schweres Konjunkturpaket gegen die Folgen der Corona-Krise kurz vor der Verabschiedung stehe. Medienberichten zufolge sollen mindestens 1,5 Billionen Dollar (1,4 Bio. Euro) in die Wirtschaft gepumpt werden. Am Montag hatte bereits die US-Notenbank (Fed) weitere Stützungsmaßnahmen für die Wirtschaft angekündigt. Diese hatten den Dow allerdings nicht stützen können. Er war stattdessen auf das tiefste Niveau seit November 2016 gesackt.

Der marktbreite S&P 500 stieg am Dienstag um 9,38 Prozent auf 2447,33 Punkte und damit so kräftig wie zuletzt 2008. Der technologielastige Nasdaq 100 gewann 7,81 Prozent auf 7553,83 Punkte.

Schwache Konjunktur- und Stimmungsdaten wie die im Februar gesunkenen Verkäufe von Neubauten oder der Stimmungseinbruch im Dienstleistungssektor im März fanden an diesem Tag keine Beachtung. Sie überraschten angesichts der aktuellen Lage auch nicht.

„Die Stimmung hat sich aufgehellt“, kommentierte ein US-Marktstratege die Marktbewegung. „Aber das einen Wendepunkt zu nennen, ist noch zu früh“, blieb er skeptisch. Das Hin und Her der Börsen gleiche mehr einem Tauziehen. „Es wird zwar alles Erdenkliche getan, aber zugleich sehen wir einen Kampf gegen sehr schwache Wirtschaftsdaten und weiterhin beunruhigende Trends mit Blick auf die Covid-19-Daten.“

Von der beeindruckenden Erholung profitierten vor allem überdurchschnittlich gebeutelte Werte wie etwa Boeing-Aktien im Dow mit einem Plus von knapp 21 Prozent. Der angeschlagene Flugzeugbauer hatte mitgeteilt, er sei wegen der Virus-Krise nicht zwingend auf Staatshilfen angewiesen. Boeing sei liquide, sagte Vorstandschef Dave Calhoun.

Auch andere Aktien aus der Luftfahrtbranche wie United Airlines oder Delta Air Lines sprangen um mehr als 20 Prozent hoch. Anteile von American Airlines schossen sogar um knapp 36 Prozent nach oben. Allerdings müsste sich der Kurs immer noch nahezu verdoppeln, um wieder das Niveau vor Beginn der Virus-Panik zu erreichen.

Ölwerte erholten sich ähnlich stark: Sie hatten zuletzt nicht nur unter der Virus-Krise, sondern auch unter den massiv eingebrochenen Ölpreisen gelitten, die aktuell wieder stiegen. Nach Einschätzung des Rohstoffexperten Eugen Weinberg von der Commerzbank dürften die Hilfsmaßnahmen der Fed den Ölpreisen jedoch nur kurzfristig Aufwind geben. Immer neue Hiobsbotschaften aus der Wirtschaft, die eine „beispiellose Nachfrageschwäche“ mit sich brächten, dürften auf längere Sicht belasten – ebenso wie ein Preiskampf unter den führenden Ölstaaten.

Im S&P 100 etwa stiegen die Papiere von ConocoPhillips um 25 Prozent und im Dow gewannen die Aktien von Chevron knapp 23 Prozent. Seit dem Jahreswechsel haben die Chevron-Papiere im Zuge des Börsencrashs allerdings zeitweise mehr als die Hälfte an Wert verloren. Das relativiert daher die Erholung. Angesichts der Virus-Krise streicht Chevron nun seine Förderpläne und Investitionen zusammen. Auch der Rückkauf eigener Aktien werde vorerst gestoppt.

Um rund 20 Prozent ging es für Aktien von GM wieder nach oben. Der größte US-Autobauer ruft in der Coronavirus-Krise vorsorglich rund 16 Milliarden Dollar an bestehenden Kreditlinien ab. Es handele sich um eine vorsorgliche Maßnahme, um im ungewissen Marktumfeld die Liquidität zu erhöhen und finanziell flexibel zu bleiben, hieß es zur Begründung. Intel-Anteile stiegen indes nur um knapp 6 Prozent. Der Chipkonzern setzt wegen der krisenbedingten Unsicherheiten seine Aktienrückkäufe aus.

Um knapp 5 Prozent ging es außerdem für die Papiere von Twitter nach oben. Die Krise bringt dem Kurznachrichtendienst zwar mehr Nutzer – lässt zugleich aber die Werbeerlöse sinken. Im laufenden ersten Quartal rechnet Twitter nun mit einem leichten Umsatzrückgang und einem operativen Verlust. Die Unternehmen gäben in der aktuellen Situation weniger Geld für Werbung aus, hieß es.

Verluste verzeichneten dagegen Aktien, die vom Crash eher verschont geblieben waren, wie etwa Aktien aus der Konsumgüter-, der Telekom- oder Pharmabranche. Im Dow büßten Verizon-Anteile 0,6 Prozent ein. Im S&P 100 gaben Costco-Aktien um 0,2 Prozent nach.

Im Nasdaq-Auswahlindex verloren die Aktien des Biotech-Unternehmens Regeneron etwas mehr als 1 Prozent und die des Arzneimittelherstellers Mylan knapp 4 Prozent.

Am US-Rentenmarkt sanken zehnjährige Staatsanleihen um 17/32 Punkte auf 106 5/32 Punkte und rentierten mit 0,84 Prozent. Der Euro wurde zum Börsenschluss an der Wall Street zu 1,0786 US-Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs zuvor auf 1,0843 (Montag: 1,0783) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9223 (0,9274) Euro.

(c-st/dpa)
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