Nach Übernahme durch Elon Musk Das sind die Twitter-Alternativen

Düsseldorf · Seit Elon Musk Twitter gekauft hat, steht der Kurznachrichtendienst in der Kritik. Mehr als eine Million Nutzer haben die Plattform schon verlassen. Doch wo können sie jetzt hin?

 Mastodon soll nach der Übernahme von Twitter durch Elon Musk hunderttausende Nutzer gewonnen haben.

Mastodon soll nach der Übernahme von Twitter durch Elon Musk hunderttausende Nutzer gewonnen haben.

Foto: dpa/Davide Bonaldo

Seit Elon Musk Twitter für 44 Milliarden US-Dollar gekauft hat, herrscht Chaos beim Kurznachrichtendienst. Erst entließ Musk rund die Hälfte der Mitarbeiter, dann nahm er einige Kündigungen wieder zurück und sagte, sie seien versehentlich verschickt worden. Er führte ein Abo-Modell für den sogenannten blauen Haken ein, mit dem jeder Nutzer für acht Dollar im Monat seinen Account verifizieren konnte. Doch eine Identitätsprüfung gab es nicht. Das Modell wurde in der vergangenen Woche gestoppt, weil viele damit Fake-Accounts von Prominenten angelegt hatten – auch von Musk selbst. Daraufhin kündigte er an, Accounts sperren zu lassen, die andere Konten nachahmen, ohne das als Parodie zu kennzeichnen.

1,3 Millionen Nutzer sollen sich laut einem Bericht der unabhängigen Plattform „Bot Sentinel“ abgemeldet haben, seit Musk den Kurznachrichtendienst übernahm. Darunter sind auch Prominente wie Schauspielerin Amber Heard und die Drehbuchautorin Shonda Rhimes („Grey’s Anatomy“). Währenddessen berichtet Twitter selbst in einer Mail an seine Werbekunden, dass die Nutzerzahlen auf einem Allzeithoch seien. Die „Financial Times“, der die E-Mail vorliegt, berichtet für 2022 von einem Zuwachs von rund 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Doch die Werbekunden reagieren gerade sehr zurückhaltend, viele haben ihre Anzeigen ausgesetzt, andere wollen gar keine mehr dort schalten. Twitter steckt in einer Krise. Gleichzeitig fragen sich Nutzer, welche Alternativen es gibt. Und die sind – vor allem in Deutschland – überschaubar.

Mastodon Der Mikroblogging-Dienst gilt als die prominenteste Alternative zu Twitter. Seit Ende Oktober haben sich laut Gründer Eugen Rochko rund 500.000 neue Nutzer angemeldet. Insgesamt sollen es jetzt mehr als eine Million sein. Zum Vergleich: Im Januar 2022 waren laut Unternehmensangaben rund 436 Millionen Nutzer auf Twitter unterwegs. Bei Mastodon zwitschert man nicht, sondern trötet – passend zum Namensgeber Mastodon, einem längst ausgestorbenen Rüsseltier, das als Vorgänger der Elefanten gilt. Die Tweets heißen „Toots“ („Tröt“) und sind – anders als bei Twitter – chronologisch geordnet. Das Netzwerk ist dezentral aufgebaut, besteht also aus verschiedenen Servern. Werbung gibt es keine.

„Es bleibt abzuwarten, ob sich Mastodon durchsetzt“, sagt der Wirtschaftshistoriker und Digitalexperte Klemens Skibicki. Noch könne man nicht von der großen Abwanderung bei Twitter sprechen. Der Kurznachrichtendienst habe sich als Nachrichtenticker durchgesetzt. Er sei einfach zu bedienen, und sehr viele Prominente setzten dort noch immer ihre Tweets ab. Solange das so sei, habe Mastodon mit seiner komplizierter anmutenden Oberfläche wenig Chancen.

Clubhouse 2021 verzeichnete die Audio-Plattform Clubhouse einen sehr großen Zulauf. Binnen weniger Monate explodierten die Nutzerzahlen, prominente Politiker wie Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Dorothee Bär (CSU) beteiligten sich an zahlreichen Podiumsdiskussionen innerhalb der App. Doch wenige Monate später war das auch schon wieder vorbei. „Ich glaube nicht, dass der Hype um Clubhouse wieder aufkommt“, sagt Skibicki. Generell funktioniere das reine Audio-Format zwar, auch Twitter und LinkedIn hätten es schließlich erfolgreich nachgeahmt, doch es sei keine echte Alternative zu Twitter. Dafür werde es zu schnell langweilig, wenn gerade niemand Bekanntes in einem der verschiedenen virtuellen Räume referiere.

Tumblr Auf der 2007 gegründeten Plattform können Nutzer eigene Blogs erstellen mit Texten, Fotos, Videos und Links. Vor allem junge Menschen nutzen sie – im Schnitt sind sie zwischen 13 und 22 Jahre alt. Und obwohl Tumblr eher zu den antiquierten Plattformen zählt, ist die Community noch immer sehr groß: Im Juni 2020 gab es rund 502 Millionen Blogs weltweit. „Die großen Tumblr-Zeiten sind aber vorbei“, sagt Skibicki. Für ein Nischenpublikum sei die Blogging-Plattform zwar nach wie vor interessant, doch den ganz großen Ansturm erwartet der Experte nicht mehr.

T2 Der ehemalige Twitter-Mitarbeiter Gabor Cselle hat angekündigt, mit T2 eine Alternative zum Kurznachrichtendienst zu schaffen. Er halte es für sinnvoller, eine optimierte Version aufzubauen als die Probleme innerhalb von Twitter zu lösen, sagte er der Nachrichtenagentur AP. Wann T2 auf den Markt kommt und ob sie für deutsche Nutzer eine Alternative darstellt, bleibt abzuwarten.

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