Essen Müller fordert Kursplus von Evonik

Essen · Der Chef der RAG-Stiftung will vorerst weiter 68 Prozent am Chemiekonzern halten und sieht die Finanzierung der Ewigkeitslasten des Bergbaus gesichert. Zugleich freut er sich über das Wahlergebnis der Grünen.

Der Countdown für die deutsche Steinkohle läuft. Am 21. Dezember 2018 holen Bergleute auf Prosper die letzte Kohle aus dem Boden. Beim Zechenkonzern RAG müssen noch 4500 Arbeitsplätze sozialverträglich abgebaut werden. Bei der RAG-Stiftung, die ab 2019 für die Ewigkeitslasten (Abpumpen der Gruben) verantwortlich ist, soll das Vermögen weiter gemehrt werden. Stiftungs-Chef Werner Müller ist zuversichtlich: Die Einnahmen der Stiftung aus ihren Beteiligungen lägen mehr als doppelt so hoch wie die jährlichen Kosten von 220 Millionen Euro. Damit muss der Steuerzahler auch weiter nicht einspringen. "Die Idee der Stiftung hat sich als Erfolgsmodell erweisen", sagte ihr Erfinder Müller selbstbewusst.

Bislang hat die Stiftung Rückstellungen für die Ewigkeitslasten von 4,8 Milliarden Euro gebildet. Vor zehn Jahren war mit sechs Milliarden Rückstellungsbedarf kalkuliert worden, inzwischen ist dieser wegen der Zinseffekte auf 81 Milliarden explodiert. Doch darauf komme es nicht an, sagt Müller. Wichtiger seien die jährlich Einnahmen, aus denen man die Lasten begleichen könne. Die stammen vor allem aus der Evonik-Dividende. Der Chemiekonzern hat 2016 fast 364 Millionen an die Stiftung überwiesen.

"Wichtig ist, dass die Dividende auf ihrem attraktiven Niveau bleibt", betonte Müller. Unzufrieden ist er mit dem Kurs: "Beim Aktienkurs ist weiterhin Luft nach oben." Leider werde das Potenzial nicht ausreichend gewürdigt. "Dies zu ändern, wird nun Aufgabe von Christian Kullmann sein." Seit wenigen Tagen führt der 48-Jährige den Chemiekonzern. Evonik notiert mit 31 Euro anhaltend unter dem Ausgabekurs von 2013 (33 Euro). Eine Ursache sehen Börsianer darin, dass der Streubesitz so gering ist. Die Stiftung hält knapp 68 Prozent an Evonik. Und daran soll sich innerhalb des nächsten Jahres nichts ändern, so Müller. Er erwarte, dass Kullmann Evonik wertsteigernd weiterentwickele und "in aller Ruhe nach sinnvollen Zukäufen Ausschau hält". Von einem Aufstieg in den Dax, den Müller einst für 2017 gefordert hatte, ist keine Rede mehr ("meine größe Fehlaussage").

Weitere Einnahmen (36 Millionen Euro) hat die Stiftung aus der 48-Prozent-Beteiligung am Wohnungskonzern Vivawest und aus diversen Kapitalanlagen (42 Millionen), die Finanzchef Helmut Linssen mittlerweile aufgebaut hat. An Vivawest wolle man unverändert festhalten, betonte Linssen. "2016 war das bislang beste der zehnjährigen Geschichte der RAG-Stiftung."

Durch die NRW-Wahl sieht Müller sich beflügelt. Mit dem Absturz der Grünen empfinde er kein Mitleid, sagte er. "Die Grünen haben mit harten Bandagen gegen die RAG gekämpft, um mit Angst vor angeblich gefährlichen Wasserhaltungsplänen Stimmen zu fangen." Beim Streit geht es um PCB-Rückstände im Grubenwasser. Müller wies die Vorwürfe zurück: Der Schutz von Umwelt und Gesundheit sei oberste Norm. "Was im Wahlkampf gesagt wurde, hat das Ergebnis verdient."

Durch den Wahlausgang wird sich auch das Kuratorium verändern, das die RAG-Stiftung kontrolliert. NRW stellt fünf der 14 Mitglieder. Armin Laschet (CDU) wird als Ministerpräsident Hannelore Kraft (SPD) ersetzen. Auch die Vertreter Lukas Beckmann (Grüne), Christoph Dänzer-Vanotti und Harry Voigtsberger (SPD) sollen gehen. Der Vertrag von Kuratoriums-Chef Jürgen Großmann, der auf dem Ticket des Bundes im Gremium sitzt, ist jüngst verlängert worden.

Wenn die letzte Kohle gefördert und Nacharbeit beendet ist, wird die RAG auf Dauer nur noch 450 Mitarbeiter haben, die für die Wasserhaltung in den Gruben und die Regulierung der Bergbauschäden zuständig sind. In Hochzeiten hatte der Bergbau eine halbe Million Beschäftigte. Das Ende einer Ära naht.

(anh)
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