Finanz-Arbeitsgruppe bei Koalitionsverhandlungen Milliarden-Entlastung für Kommunen geplant

Berlin · Der Bund soll den Gemeinden einen Teil der Kosten für die Behindertenhilfe abnehmen. Die Rede ist von vier Milliarden Euro pro Jahr. Auch in die Infrastruktur fließt mehr Geld. Abgesehen davon verordnet sich Schwarz-Rot strenge Etatziele.

Union und SPD wollen die Kommunen um einen Teil der jährlichen Kosten der Behindertenhilfen entlasten. Die Übernahme von Milliarden Euro für die sogenannte Eingliederungshilfe für Behinderte durch den Bund wurde von der Finanzen-Arbeitsgruppe bei den Koalitionsverhandlungen am Mittwoch als "prioritäre Maßnahme" eingestuft.

Sie steht damit nicht mehr wie die übrigen Ausgabenpläne unter Finanzierungsvorbehalt. Städte und Gemeinden geben im laufenden Jahr bereits knapp 15 Milliarden Euro für die Behindertenhilfe aus. Die SPD hatte gefordert, den Kommunen davon vier Milliarden Euro abzunehmen. Die konkrete Höhe der Entlastung ist noch strittig.

Geeinigt hat sich Schwarz-Rot zudem über diese weiteren Punkte:

Haushalt Die SPD hat die Einhaltung ambitionierter Ziele zum Schuldenabbau akzeptiert. "Wir wollen die (Schuldenstands-) Quote innerhalb von zehn Jahren von 81 Prozent (Ende 2012) auf weniger als 60 Prozent zurückführen", heißt es im am Mittwoch vereinbarten Beschlusspapier der Finanzpolitiker, das unserer Redaktion vorliegt. "Bis Ende 2017 streben wir eine Absenkung der Quote auf unter 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts an." Von 2015 an werde ein Bundeshaushalt "ohne Nettoneuverschuldung" aufgestellt.

Über die gesamte Legislaturperiode gerechnet solle das Wachstum der Ausgaben das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts "möglichst" nicht übersteigen. Die SPD hatte zuvor auf deutlich weniger strenge Haushaltsregeln gedrängt, da diese die Finanzierungsspielräume der künftigen Koalition stark beschränken. Bis auf das Wörtchen "möglichst" blieb sie an dieser Stelle aber erfolglos. Als "prioritäre Maßnahme" stufte die Gruppe auch die Aufstockung der Verkehrsinfrastrukturinvestitionen des Bundes ein, für die ein Betrag von zusätzlich vier Milliarden Euro pro Jahr im Gespräch ist.

Steuern Als "zentrale steuerpolitische Aufgabe" wollen Union und SPD den "Kampf gegen grenzüberschreitende Gewinnverlagerungen international operierender Unternehmen vorantreiben". Steuerhinterziehung, Steuerbetrug und Geldwäsche sollen effektiver bekämpft werden, etwa durch mehr Steuerfahnder. Berlin soll die EU-Initiative zum automatischen Informationsaustausch mit Steueroasen wie der Schweiz unterstützen. Die Verjährungsregeln für die strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung sollen verschärft werden.

Strittig blieben dagegen fast alle von der SPD vorgeschlagenen Maßnahmen zur Erhöhung der Steuerlast für Firmen im Volumen von etwa fünf Milliarden Euro. Diese wurden aus dem Konsenspapier herausgenommen und in den Anhang gestellt, über den die Parteispitzen am Wochenende beraten und kommende Woche entscheiden.

Bund-Länder-Finanzen Zur Neuregelung der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen soll es eine gemeinsame Kommission geben. Sie " soll bis Mitte der Legislaturperiode" Vorschläge etwa dazu erarbeiten, wie nach dem Auslaufen des Solidarpakts Ende 2019 die Finanzströme neu geregelt werden. Die Länder fordern, den Solidaritätszuschlag Ost in einen Soli für strukturschwache Regionen umzuwandeln.

Finanzmarkt Union und SPD wollen in Banken das Investment- und Geschäftsbanking strikter trennen ("Trennbanken-System"). Rohstoff- und Nahrungsmittelspekulationen sollen eingedämmt werden, die Lebensversicherungen gestärkt, der Zugang aller Bürger zu Girokonten erleichtert, Bankkunden bei Überziehung von Dispo-Krediten besser geschützt werden. Umstritten blieb bei der geplanten EU-Bankenunion die Finanzierung des Abwicklungsfonds für Pleite-Banken.

(mar)
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