Los Microsoft scheitert mit seinem Tablet

Los · Der Umbruch in der Computerwelt trifft den Software-Riesen mit voller Wucht — er schreibt 900 Millionen US-Dollar auf seinen tragbaren PC "Surface" ab. Der Gewinn blieb hinter den Erwartungen, die Aktie fiel um mehr als sechs Prozent.

Los: Microsoft scheitert mit seinem Tablet
Foto: Microsoft

Angeles Da haben sich die Macher von Microsoft alle Mühe gegeben, mit einem spektakulären Video für ihren Tablet-PC "Surface" zu werben. Junge, gut aussehende und vermutlich erfolgreiche Männer und Frauen tanzen wie in einem Musical mit ihren tragbaren Computern. Nur kaufen will dieses Tablet kaum einer.

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Foto: Samsung

Jüngst hatte der Konzern den Preis deutlich gesenkt – damit sind die verkaufsbereit auf Lager liegenden Tablets aber auch weniger wert. Nun schrieb der Software-Riese 900 Millionen US-Dollar (etwa 686 Millionen Euro) auf seine Tablets ab. Nachbörslich sank die Aktie um mehr als sechs Prozent.

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Foto: Apple

Dennoch ist die Konzern-Spitze frohen Mutes. "Wir wissen, dass wir besser werden müssen", meint die neue Finanzchefin Amy Hood. "Wir werden nicht aus dem Tablet-Markt herausgehen", betont Microsofts Deutschland-Chef Christian Illek.

Doch ob man Druck auf die schier übermächtige Konkurrenz ausüben kann, ist fraglich. Seit Jahren kontrolliert vor allem Apple mit seinen iPads den Markt. Im ersten Quartal dieses Jahres hatte Apple einen Marktanteil von 39 Prozent bei den weltweit abgesetzten Media Tablets. Dahinter folgte lange nichts, dann kam Samsung mit seinen Galaxy-Modellen (17,9 Prozent), die mit Googles Betriebssystem Android laufen. Und in einem erneut deutlichen Abstand dazu tauchten Asus (5,5 Prozent), Amazon (3,9 Prozent) und schließlich auch Microsoft (1,8 Prozent) auf. Für den weltgrößten Software-Konzern aus Seattle ist die Platzierung in dieser Rangliste ein Desaster.

Microsoft muss sich vorwerfen, den Einstieg in die neue Ära verschlafen zu haben. Erst vor 13 Monaten kündigte Vorstandschef Steve Ballmer an, dass das Betriebssystem Windows auch auf dem Tablet eine Rolle spielen soll. Das "Surface RT" kam im vergangenen Oktober auf den deutschen Markt, das weiterentwickelte "Surface Pro" vor anderthalb Monaten. Zu lange hatten sich die Macher bei Microsoft auf fest installierte statt auf mobile Computer konzentriert und wenig vorausschauend geplant. Amy Hood räumt ein, dass das Unternehmen von den schrumpfenden PC-Verkäufen getroffen worden sei. Doch gebe es eine "weiterhin starke Nachfrage nach Angeboten für Firmenkunden und die Cloud".

Allerdings trifft der Umbruch in der Computerwelt Microsoft mit voller Wucht. Die Marktforschungsfirmen Gartner und International Data Corporation (IDC) haben ausgerechnet, dass die Auslieferungen von PCs im vergangenen Quartal in der gesamten Branche um etwa elf Prozent gefallen sind. Damit schrumpfte der Markt fünf Quartale in Folge – die längste Schwächeperiode der Geschichte.

Gerade in dieser Situation wird es für Microsoft schier unmöglich, den Vorsprung von Apples iOS-System und Googles Android-Produkten zu verringern. Daran ist Microsoft jedoch selber Schuld. Denn für die junge, gut aussehende und vermutlich erfolgreiche Zielgruppe, um die sie wirbt, ist das Gerät schlichtweg nicht attraktiv genug. Mit seinen 900 Gramm wirkt das "Surface Pro" gegenüber dem iPad 4 (652 Gramm) und dem Galaxy Tab 2 10.1 (569 Gramm) wie ein schwerer Klotz, den man auf der Couch, in seiner Tasche oder im Büro bei sich trägt. Und wer schon ein Smartphone von einem dieser Anbieter hat, der tendiert auch beim Tablet-Kauf eher zu einem ihm vertrauten Gerät, anstatt sich beim Wechsel zwischen Telefon und Tablet immer wieder umzustellen. Ohnehin, die Gewohnheit: Viele Nutzer fühlten sich vor den Kopf gestoßen, da für Windows 8 der Start-Button abgeschafft worden war. Immerhin hat man das eingesehen, die aktualisierte Version soll noch in diesem Jahr erhältlich sein und die bewährte Funktion zurückbringen.

Die IDC geht zwar davon aus, dass sich Microsoft in den kommenden Jahren als Nummer drei unter den Tablet-Herstellern etablieren wird. Die Prognose verdeutlicht aber den Rückstand. Apple würde im Jahr 2016 mehr als 152 Millionen Tablets verkaufen, Kunden würden knapp 80 Millionen Android-Geräte erwerben – aber nicht einmal 29 Millionen mit dem Betriebssystem von Microsoft.

Wie sich das in den kommenden Jahren auf Umsatz und Gewinn von Microsoft auswirken wird, ist schwer abzuschätzen. Zuletzt stiegt der Umsatz im Berichtsquartal lediglich dank guter Verkäufe von Office-Paketen um zehn Prozent auf 19,9 Milliarden Dollar, doch der Markt hatte sich auf 20,7 Milliarden Dollar eingestellt.

Microsoft habe in seiner Historie die Erwartungen noch nie so sehr verfehlt, erklärte Analyst Brendan Barnicle von Pacific Crest Securities. Vermutlich sind die Analysten gut beraten, ihre Erwartungen an den Software-Riesen für die kommenden Quartale etwas herunterzuschrauben.

(RP)
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