Streik in Brandenburger Werk ausgesetzt Metall-Tarifparteien wollen wieder verhandeln

Berlin (rpo). Mehr als drei Wochen nach Beginn des Streiks für die 35-Stunden-Woche in Ostdeutschland wollen Arbeitgeber und Gewerkschaft am Freitag in Berlin wieder verhandeln. Die IG Metall hat unterdessen den Streik in einem Werk in Brandenburg ausgesetzt.

Zuvor wird es bereits Sondierungsgespräche geben. Der Arbeitskampf soll nach Gewerkschaftsangaben jedoch nahezu unvermindert weitergehen, bis eine Einigung gefunden ist. Am Dienstag waren in Berlin, Brandenburg und Sachsen mehr als 9000 Metaller im Ausstand. Für Mittwoch sind 8500 Beschäftigte in zehn Betrieben aufgerufen, die Arbeit ruhen zu lassen. Insgesamt arbeiten in der Branche im Osten 310 000 Menschen.

Nur beim Brandenburger Autozulieferer ZF Getriebe soll der Arbeitskampf am Donnerstag ausgesetzt werden. Bezirksleiter Hasso Düvel bezeichnete dies als "Zeichen des guten Willens". Damit sollten die Fernwirkungen des Arbeitskampfes auf die westdeutsche Automobilindustrie "abgebremst" werden. Wegen des Arbeitskampfs im Osten ruht seit Montag unter anderem bei BMW teilweise die Produktion. Davon sind allein bei BMW 10 000 Beschäftigte betroffen. Der Münchner Autobauer kündigte inzwischen an, man werde die Fertigung der 3er-Serie in München und Regensburg am kommenden Montag wieder anlaufen lassen.

Auf die Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen hatten in den vergangenen Tagen verschiedene Signale hingedeutet. Besonders die IG Metall geriet unter Druck. Auch intern gab es massive Kritik an der Strategie des designierten Gewerkschaftsvorsitzenden Jürgen Peters sowie des ostdeutschen Bezirksleiters Hasso Düvel. Nach dpa- Informationen sprachen sich die Betriebsratsvorsitzenden der Autokonzerne unisono gegen massive Solidaritätsaktionen an den westdeutschen Produktionsstandorten aus.

Die voraussichtlich entscheidenden Verhandlungen für den gesamten Osten sollen am Freitagnachmittag aufgenommen werden. "Die IG Metall wird alles tun, dass wir bis zum Wochenende eine vertretbare Lösung haben", sagte Gewerkschaftschef Klaus Zwickel. "Aber niemand kann sagen, ob das gelingt." Die Arbeitgeber kündigten an, "ohne Vorbedingungen" in die Gespräche zu gehen. Einen Stufenplan wie in der Stahlindustrie, wo die 35-Stunden-Woche bis 2009 kommen soll, lehnte Verhandlungsführer Roland Fischer aber weiterhin strikt ab.

Peters bekräftigte unterdessen das zentrale Ziel der 35-Stunden- Woche und drohte mit Metaller-Aktionen in Westdeutschland, falls dies nicht durchgesetzt werden kann. "Wir wollen einfach nur den Grundsatz "gleiche Arbeit und gleiche Arbeitszeit für gleiches Geld" umsetzen", sagte Peters der "Bild"-Zeitung (Mittwochausgabe). "Wenn wir am Wochenende keine Lösung im Sinne eines festgelegten Stufenplans zur Einführung der 35-Stunden-Woche erreichen, wird der Westen den Osten unterstützen."

Die Gespräche für die ostdeutsche Metall- und Elektroindustrie waren seit dem 12. Mai unterbrochen. Derzeit arbeiten die Ost- Metaller 38 Stunden die Woche, drei Stunden mehr als ihre Kollegen im Westen. Fischer gab als Ziel aus, einen Flächentarifvertrag für alle Verbandsbetriebe der Branche zu schließen. Mit acht Unternehmen hat die IG Metall bereits Haustarifverträge zur Einführung der 35- Stunden-Woche vereinbart.

Am Dienstag beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben 9440 Metaller in Sachsen, Berlin und Brandenburg an den Streiks. Erneut kam es zu Rangeleien zwischen Streikenden und Arbeitswilligen. Autokonzerne sind nach wie vor von ausbleibenden Zulieferungen betroffen. Politiker aller Parteien forderten erneut ein Ende der Arbeitskämpfe.

Die Betriebsräte der deutschen Automobilhersteller gingen deutlich auf Distanz zur Streikführung. Auf einer internen Sitzung am Montagnachmittag wurde nach dpa-Informationen insbesondere Peters kritisiert. Ihm wurde vorgeworfen, "ohne Strategie" in die Tarifauseinandersetzung gegangen zu sein. Mit dem Abschluss von Haustarifverträgen in einigen Unternehmen werde sogar die eigene Position für den Flächentarifvertrag "torpediert".

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