Konjunktur Wirtschaftsforscher streiten über Folgen der Mehrwertsteuersenkung

Köln/Düsseldorf · Was bringt die Mehrwertsteuersteuersenkung für den Handel in Deutschland? Die einen Wirtschaftsforscher entdecken mehr Kundschaft in den Einkaufsstraßen, die anderen berichten von wenig zusätzlichem Konsum.

 Passanten mit Einkaufstüten in Bayern.

Passanten mit Einkaufstüten in Bayern.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Wirtschaftsforscher beurteilen die Folgen der Mehrwertsteuersenkung unterschiedlich. Die Steuersenkung werde dem privaten Konsum und der Konjunktur in Deutschland nur einen relativ überschaubaren Impuls geben, betonte das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in einer am Montag veröffentlichten Studie. Das IMK verwies auf die Ergebnisse einer Umfrage im Auftrag der Stiftung unter gut 6300 Erwerbstätigen. Knapp 75 Prozent der Befragten hätten dabei Ende Juni angegeben, sie wollten trotz Mehrwertsteuersenkung ihr Konsumverhalten im zweiten Halbjahr 2020 nicht verändern.

Zur gegenteiligen Einschätzung gelangte das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW). „Die Mehrwertsteuersenkung wirkt und hilft vor allem dem Einzelhandel dabei, die Krise zu überwinden“, betonte IW-Direktor Michael Hüther ebenfalls am Montag. Das IW hatte Daten der Firma Hystreet ausgewertet, die mittels Lasertechnik die Passanten in besonders belebten Straßenabschnitten in 21 deutschen Städten zählt. Demnach waren dort im Juli 27,2 Millionen Passanten unterwegs, 4,2 Millionen mehr als im Juni. Nach IW-Schätzungen sind von ihnen 1,7 Millionen aufgrund der Steuersenkung shoppen gewesen.

Auch die Konsumforscher des Nürnberger Unternehmens GfK sehen erhebliche Kaufanreize durch die Steuersenkung. „Die Anschaffungsneigung ist sehr stark angestiegen“, hatten sie bei der Vorstellung der Konsumklima-Studie für den Monat Juli mitgeteilt. Die Händler müssten sich aber auf eine sinkende Konsumneigung einstellen, wenn ab Januar 2021 wieder der alte Steuersatz gelte.

Nach Ansicht der IMK-Forscher wären die Milliarden für die Mehrwertsteuersenkung besser in einem höheren Kinderbonus angelegt. Denn fast 80 Prozent der Befragten hätten angegeben, sie würden bei einer Einmalzahlung wie dem Kinderbonus ihren Konsum erhöhen. Auch eine frühe und entschiedene Aufstockung des Kurzarbeitergeldes hätte nach Einschätzung der Autoren den Einbruch des Privatkonsums im zweiten Quartal 2020 gebremst und den Konsum in den kommenden Monaten gestützt.

(peng/dpa)
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