Düsseldorf Macht eine Lebensversicherung noch Sinn?

Düsseldorf · Eine Risikolebensversicherung gilt als ratsam. Als Kapitalanlage empfehlen Experten Anderes.

Eine Risikolebensversicherung gilt als ratsam. Als Kapitalanlage empfehlen Experten anderes.

Fast 90 Milliarden Euro sind zuletzt jährlich in die Kassen der deutschen Lebensversicherer geflossen. Die Kapitallebensversicherung ist noch immer das beliebteste Altersvorsorgeprodukt der Deutschen. Das hat natürlich vor allem mit vielen Altverträgen zu tun, die beispielsweise noch in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts geschlossen wurden, teilweise mit einer garantieren Verzinsung von vier Prozent auf die eingezahlten Beiträge. Das ist Vergangenheit. In der Niedrigzinsphase haben viele Anbieter die Garantieprodukte abgeschafft, bei anderen sind die Garantien auf ein Minimum geschrumpft. Macht der Abschluss einer Lebensversicherung noch Sinn?

"Nicht als Kapitallebensversicherung", meint Stephanie Heise, Bereichsleiterin Verbraucherfinanzen bei der Verbraucherzentrale NRW. Eine Absicherung des Todesfallrisikos über eine Risikolebensversicherung sei natürlich vernünftig. Die Faustregeln: "Bei einer Familie mit kleinen Kindern sollte das vierfache Jahresnettoeinkommen abgesichert sein, bei einer mit älteren Kindern, das dreifache, bei einem kinderlosen Paar zumindest ein Jahreseinkommen. Es lohnt sich, mehrere Angebote einzuholen."

Beispiel: Wenn ein 30-jähriger Nichtraucher über 35 Jahre in eine Risikolebensversicherung über 100.000 Euro einzahle, lägen die Nettobeiträge zwischen 111 und 440 Euro pro Jahr, so Heise.

Da sind Kapitallebenspolicen natürlich deutlich teurer. Legt man die etwa 85 Millionen Lebensversicherungsverträge zu Grunde, die es aktuell gibt, fließen im Durchschnitt mehr als 1000 Euro jährlich in jeden dieser Verträge. Das ist aber nicht der Grund, warum die Verbraucherschützer von der Kapitalvariante abraten: "Die Kosten für den Abschluss und die Verwaltung der Verträge sind zu hoch, die Policen sind zu intransparent, und Garantien geben die Versicherer auch nicht mehr", sagt Stephanie Heise.

Und der frühere Steuervorteil ist auch weg, könnte man noch ergänzen. Die Laufzeit ist extrem lang (manchmal Jahrzehnte), was die Flexibilität stark einschränkt. Natürlich kann man den Vertrag auch kündigen, aber dabei verliert man fast immer Geld. "Bestehende ältere Verträge sollte man in der Regel nicht kündigen. Man kann sie ja auch beitragsfrei stellen lassen", gibt Verbraucherschützerin Heise zu bedenken.

Ihre Empfehlung für Sparer, die langfristig Altersvorsorge betreiben wollen: "Lieber einen ETF-Sparplan. Oder einen Banksparplan für diejenigen, die gar nichts mit der Börse anfangen können." Die Exchanged Traded Funds (ETFs, börsengehandelte Indexfonds) hätten den Vorteil, dass die Kosten sehr niedrig seien. Das Produkt sei flexibler als eine Lebensversicherung, und über die Jahre ließen sich auch Wertschwankungen am Aktienmarkt in der Regel ausgleichen. Heises Rat: "Ein paar Jahre vor der Rente sollte man dann aber einen Teil in sichere Anlagen umschichten."

Die deutschen Lebensversicherer sind natürlich nicht so skeptisch, was die Sinnhaftigkeit und Zukunftsfähigkeit ihres Produktes angeht. Sie loben die Absicherung für den Kunden, die Kapitalsicherheit, die mögliche Kombination mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung, die Angehörige absichert, falls der Versicherte nicht mehr arbeiten kann. Viele bieten mittlerweile Produkte ohne Garantieleistungen an, die dafür aber bei entsprechender Marktentwicklung höhere Renditen in Aussicht stellen. Wer das in Erwägung zieht, sollte immer auf die Finanzkraft des jeweiligen Versicherers schauen, sagen Experten.

Die Anbieter müssen ihren Kunden einmal im Jahr eine Standmitteilung schicken. Da muss drinstehen, wie sich die Kunden-Ansprüche einschließlich Überschussbeteiligung erhöht haben, außerdem ist die Gesamtleistung im Todesfall ein Muss. Am Ende der Vertragslaufzeit bekommen Kunden das angesparte Kapital ausbezahlt oder eine monatliche Rente. Daher muss dem Kunden die Ablaufleistung genannt werden. Das ist die Summe, die der Kunde bei Ablauf erhalten würde, wenn die vereinbarten Einzahlungen bei stabiler Verzinsung bis Vertragsende erfolgen würden.

(RP)
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