Düsseldorf Macht die Farbe die Marke?

Düsseldorf · Unternehmen lassen Farben als Marken schützen, um einen hohen Wiedererkennungswert zu schaffen. Konkurrenten wehren sich. Langwierige Gerichtsverfahren drehen sich um die Frage, wann Firmen Farben monopolisieren dürfen.

Generationen von Deutschen sind mit der dunkelblauen Metalldose mit dem weißen Schriftzug aufgewachsen. Seit 1925 wird die "Mutter aller Cremes", wie der Konsumgüterkonzern Beiersdorf wirbt, auf diese Art verkauft. Es handelt sich um eine der bekanntesten Verpackungen hierzulande und ist wie selbstverständlich Teil der Marke Nivea. Hoch umstritten ist dagegen die Frage, ob der dunkelblaue Farbton allein von Nivea benutzt werden darf.

Vor acht Jahren hatte Beiersdorf "Pantone 280 C"als Farbmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt schützen lassen. Als der Konkurrent Unilever, für die Marke Dove bekannt, eine dunkelblau verpackte Creme auf den Markt brachte, ging der Streit zwischen den Rivalen los. Unilever beantragte die Löschung der Farbmarke beim Patentamt - und bekam zunächst Recht. Jetzt hob der Bundesgerichtshof (BGH) diese Entscheidung auf (Aktenzeichen I ZB 65/13). Der jahrelange Streit geht also weiter.

Mit dieser Auseinandersetzung sind Beiersdorf und Unilever kein Einzelfall. Mehrere Unternehmen streiten sich hierzulande wegen der Verwendung von Farben. Die Folge sind in der Regel langwierige juristische Auseinandersetzungen, die oft durch alle Instanzen getrieben werden. Dabei wird um eine ganze Farbpalette gestritten: Es geht vom besagten Dunkelblau über Rot (Sparkassen gegen Santander), Gelb (Langenscheidt gegen Rosetta Stone) bis hin zu Lila (Kraft Food gegen Verdener Keks-und Waffelfabrik).

Doch warum eigentlich der teure Streit? "Unternehmen benutzen eine bestimmte Farbe, weil sie auf einen besonders starken Wiedererkennungswert hoffen", erklärt Markenrechtsexperte Jens Matthes von der Düsseldorfer Kanzlei Allen & Overy. Die Marke solle so schnell und intuitiv in einer möglichst breite Masse verankert werden. Was durchaus gelingen kann, erklärt der Experte. Bei der Kombination Schokolade und Lila würden viele Menschen an Milka denken. Und ein gelbes Wörterbuch sei höchstwahrscheinlich von Langenscheidt.

Denn Kraft Food, der Hersteller von Milka, und der Langenscheidt Verlag haben die Farbgestaltung über Jahrzehnte durchgehalten. Bereits 1956 erklärte Langenscheidt Gelb zur Hausmarke. Nicht ganz so lange, aber immerhin seit den 70er Jahren wirbt Milka mit lila Kühen. Eine Tradition, die sich ausgezahlt hat. Der BGH erklärte 2004 in einem Urteil, Lila sei zum Inbegriff für Milka-Produkte geworden und deshalb bestehe die Gefahr einer Verwechslung mit anderen Produkten. Die Firma Verdener Keks- und Waffelfabrik hatte eine Gebäckmischung in einer lilafarbenen Tüte angeboten. Im vergangenen Oktober entschied der BGH zugunsten von Langenscheidt. Der Sprachkursanbieter Rosetta Stone hatte die Farbe Gelb in seinem Internetauftritt und in der Werbung verwendet, worauf der Verlag geklagt hatte. "Im Fall von Milka-Schokolade und den Langenscheidt-Wörterbüchern handelt es sich um relativ klare Fälle", erklärt Matthes. Denn es gehe jeweils um eine sehr begrenzte Palette von recht einfachen Produkten.

Bei Nivea sei das schon schwieriger. Unter der Marke werden recht unterschiedliche Produkte angeboten, wie Hautcreme, Duschgel, Deoroller oder Rasierschaum, die zum Teil gar nicht in dem blauen Farbton gehalten sind. "Es gibt hohe Hürden, die ein Unternehmen überwinden muss, damit es eine Farbe als Marke sichern kann", sagt der Markenrechtsexperte. Insbesondere gehe es darum, dass ein Großteil der Kunden die Farbe mit dem Produkt assoziiere, was durch repräsentative Umfragen ermittelt wird. Wie groß genau dieser Anteil sein muss, ist allerdings umstritten. Das Bundespatentgericht, das die Nivea-Blau-Marke zunächst gelöscht hatte, verlangte, dass mindestens 75 Prozent der Befragten dieses Blau wiedererkennen, wenn sie diese Farbe auf einer Karte vorgelegt bekommen und das Stichwort Körperpflegeprodukt hören, erklärt Matthes. Das BGH kritisierte den Wert als zu hoch. Er hält 50 Prozent für ausreichend, wenn weitere Belege für die Bekanntheit der Farbe sprechen. "Es geht dabei um juristisch sehr anspruchsvolle Fragen mit vielen Facetten", sagt Matthes.

Ähnlich verfahren und langwierig ist der Streit zwischen den Sparkassen und der spanischen Santander Bank. Seit 1972 verwenden die Sparkassen das Signalrot "HKS 13", seit den 80er Jahren nutzt Santander weltweit den fast gleichen Rotton "HKS 14". Die Sparkassen, die sich das Rot 2007 beim Patentamt haben schützen lassen, verlangen von Santander, die Hausfarbe in Deutschland zu ändern. Santander beantragte daraufhin die Löschung der Farbmarke und bekam vergangene Woche vor dem Bundespatentgericht Recht. Die Sparkassen legten umgehend Revision an. Die Schwierigkeiten aus Sicht von Matthes: Unter dem Dach der Sparkassen würden sehr viele Produkte angeboten, vom Sparbuch bis zum Bausparvertrag. "Der Versuch, eine Farbe für einen ganzes Marktsegment zu monopolisieren, ist problematisch", meint Experte Matthes.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort