Düsseldorf Macht der Mini-Gewerkschaften

Düsseldorf · Mit den massiven Flugbehinderungen, die der Streik der Vorfeldlotsen am Frankfurter Flughafen seit gestern auslöst, gerät die ungewöhnlich mächtige Rolle von Spartengewerkschaften erneut in die Kritik: Um Gehaltserhöhungen von bis zu 70 Prozent durchzusetzen, blockieren rund 200 Vorfeldlotsen seit vergangenem Donnerstag große Teile des größten deutschen Flughafens Fraport.

Der Fraport hat fast 20 000 Mitarbeiter – die streikenden Vorfeldlotsen stellen also etwa ein Prozent der Belegschaft dar. Ihre trotzdem außergewöhnliche Macht verdanken sie zwei Umständen: Erstens sind sie über die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) unabhängig von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi organisiert, die den Großteil der Fraport-Mitarbeiter vertritt. Zweitens ist ihr Aufgabenbereich (Steuerung der Flugzeugbewegungen am Boden) ein organisatorisches Nadelöhr, ohne das der Flughafen nicht funktioniert.

In ähnlichen Konstellationen haben immer wieder Splittergewerkschaften trotz kleiner Mitgliederzahlen großen Druck ausüben können. Bevor das Bundesarbeitsgericht die Regelung 2010 gekippt hatte, war die sogenannte Tarifeinheit übliche Praxis: Die Unternehmen schlossen mit der jeweils größten Gewerkschaft einen Tarifvertrag ab, der dann für alle Mitarbeiter galt. Da dies aber vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes rechtlich umstritten war, kam es auch vorher schon zu Ausnahmen.

GDL Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer sorgte mit Streiks im Winter 2007/2008 für bundesweites Chaos, weil auch die GDL eine zwar kleine, für den Bahnverkehr aber nicht kurzfristig ersetzbare Personengruppe vertritt.

Marburger Bund Der Marburger Bund vertritt angestellte und beamtete Ärzte. Obwohl auch an den Krankenhäusern die meisten Beschäftigten über Verdi organisiert sind, kann auch der Marburger Bund mit seiner vergleichsweise kleinen Mitgliederzahl (gut 100 000 Ärzte) immer wieder massiven Druck auf die Arbeitgeber ausüben. Mit einem bundesweiten Streik im Jahr 2006 erreichten die Ärzte einen eigenen Tarifvertrag.

UFO Die Unabhängige Flugbegleiter Organisation vertritt das Kabinenpersonal von Fluggesellschaften und hat rund 10 000 Mitglieder. Sie sorgte 2009 mit einem Warnstreik vor allem an den Flughäfen Frankfurt und Berlin für Aufsehen.

Vereinigung Cockpit Mit rund 8200 in ihr organisierten Piloten übt auch diese Spartengewerkschaft immer wieder massiven Druck auf die Lufthansa aus. Mit teilweise spektakulären Streiks setzte sie in den vergangenen Jahren immer wieder teils saftige Gehaltserhöhungen durch.

(RP)
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