Düsseldorf Lokführer-Streiks rücken näher

Düsseldorf · Die Bahn legt der GDL ein erstes Angebot vor. Doch die Lage bleibt kritisch.

Die Rhetorik vor Beginn der dritten Verhandlungsrunde bei der Deutschen Bahn klang vielversprechend: Von einem "fairen Angebot" vonseiten des Konzerns war die Rede. Die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) betonte Gesprächsbereitschaft, schloss nach der ergebnislosen dritten Runde aber Streiks nicht mehr aus. Der Verhandlungsstand solle aber zunächst in Ruhe in den Gremien bewertet werden. Wer aufmerksam zuhörte, der konnte schon früh erahnen, dass für eine Einigung und damit eine Abwendung von Bahnstreiks die Zeichen denkbar schlecht standen.

So hatte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber eingeschränkt, sein "faires Angebot" werde nur für die Lokführer gelten - über das restliche Personal wolle er erst nach einer Einigung sprechen. Es war der verzweifelte Versuch des Bahnmanagers, einen Streit zwischen der GDL und ihrer Konkurrenz, der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), zu beeinflussen. Denn erstmals hat die GDL ihre Lohnforderung von fünf Prozent samt Kürzung der Wochenarbeitszeit auf 37 Stunden nicht allein für die Lokführer aufgestellt. Vielmehr will sie diese auch für die Zugbegleiter durchsetzen. Das jedoch bedeutet ein Wildern im EVG-Einflussbereich. Denn bislang organisiert diese zum DGB gehörende Gewerkschaft mit Ausnahme der Lokführer das Gros der Bahnbelegschaft. Diese Zuordnung war auch seit Jahren klar durch einen sogenannten Grundlagentarifvertrag festgelegt. Doch dieser lief Ende Juni aus, die Verhandlungen über einen Nachfolgetarifvertrag scheiterten Anfang dieser Woche - laut Bahn am mangelnden Willen der GDL.

Die Bahn bot gestern den 20 000 Lokführern für das zweite Halbjahr eine Einmalzahlung in Höhe von 350 Euro an. Davon abgesehen sollten die Entgelt-Tarifverhandlungen ausgesetzt werden, bis die offenen Organisationsfragen geklärt seien. Anfang der Woche hatte Weber vorgeschlagen, beide Gewerkschaften sollten gemeinsam am Verhandlungstisch Platz nehmen und unter sich ausmachen, wer für welche Berufsgruppe das letzte Wort habe. Die Lokführer winkten damals ab.

Ob die GDL der Verhandlungsunterbrechung zustimmt und damit einem neuen Anlauf für eine Kooperation mit der EVG eine Chance gibt, war bis zum späten Abend unklar. Das Gros der Beobachter geht jedoch davon aus, das die Lokführer ablehnen und für Streiks stimmen - zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: In Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und dem Saarland sind noch bis in den September hinein Schulferien. Zusätzlich steigt das Risiko, dass auch die EVG in ihren demnächst beginnenden Tarifverhandlungen mit der Bahn äußerst aggressiv auftreten wird. Denn nur wenn sie ein Maximum für ihre Mitglieder herausschlägt, kann sie deren Übertritt zur GDL verhindern.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort