New York Liberty wusch Milliarden an Schwarzgeld

New York · Eine Firma aus Costa Rica diente als Finanzdrehscheibe von international tätigen Kriminellen – und flog auf. Es soll mehr als eine Million Kunden gegeben haben – fast alles Kriminelle. Die US-Fahnder erinnern an den Kampf gegen die Mafia.

Als Arthur Budovsky in New York der Boden zu heiß unter den Füßen wurde, zog er nach Costa Rica, wo er die amerikanische Staatsbürgerschaft ablegte und bald das ganz große Rad drehte. Daheim war ihm die Finanzaufsicht auf die Schliche gekommen, weil seine Firma Gold Age Geld transferierte, ohne dass er je eine Lizenz dafür beantragt hätte.

Was er mit Gold Age begonnen hatte, nämlich Transaktionen in digitaler Währung, baute der Geflohene in seiner neuen Heimat zu einem Milliardengeschäft aus – rings um Liberty Reserve, eine Art virtuellen Dollar. Die New Yorker Staatsanwaltschaft, auf deren Betreiben Budovsky alias Arthur Belanchuk in Madrid festgenommen wurde, spricht von einer Hightech-Drehscheibe des organisierten Verbrechens.

Um die Fahnder auszutricksen, dachten sich der Bankengründer und seine sechs Komplizen eine Methode aus, die so raffiniert sein sollte, dass sie sämtliche Spuren verwischte.

Es begann damit, dass ein Kunde reales Geld an einen Mittelsmann überwies, an digitale Wechselstuben, so genannte "Exchanger" in Malaysia, Nigeria, Russland oder Vietnam. Das sind alles Länder mit lockeren Finanzregeln. Der mit Liberty zusammenarbeitende Mittler tauschte das Geld in die Kunstwährung Liberty Reserves (LR) um und leitete das Geld weiter auf ein Konto, das besagter Kunde bei Budovskys Bank besaß.

Von den LR wiederum wurde – gleichsam in einem schwarzen Loch – ein Geschäftspartner bezahlt, der transferierte die Summe seinerseits an den nächsten "Exchanger", und der tauschte sie zurück in reales Geld.

Um ein Konto im Bermuda-Dreieck von Liberty Reserve zu eröffnen, reichten eine E-Mail-Adresse, eine Postanschrift und das Geburtsdatum, wobei bis auf den E-Mail-Absender nichts stimmen musste. Niemand fragte nach Identitätsprüfungen, wie sie normale Banken verlangen. Die Gauner müssen sich absolut sicher gefühlt haben in ihrer Anonymität. Anders lässt sich nicht erklären, warum sich einer ohne Probleme "Joe Bogus" ("Joe Schwindler") nennen und als Wohnort angeben konnte: 123 Fake Main Street, Completely Made Up City, New York - eine falsche Hauptstraße in einer völlig frei erfundenen Stadt im Staate New York.

Ein zweites Konto lief auf den Namen "Russia Hackers", ein drittes hieß einfach "Hacker Account". Das reale Geld war auf Briefkastenfirmen rund um den Globus verteilt, vor allem in Australien, China, Marokko, Russland, Spanien und Zypern.

Nach Schätzungen Preet Bhararas, des zuständigen Staatsanwalts in Manhattan, sind von 2006 bis 2013 etwa sechs Milliarden US-Dollar durch Budovskys schwarzes Loch geschleust worden. Pro Jahr wurden rund zwölf Millionen Transaktionen abgewickelt, oft kleinere Geschäfte, bei denen Computerhacker und Kinderpornografen, Kreditkartenbetrüger und Drogenhändler einander ihre Dienste vergüteten oder aber kollektiv erzielten Gewinn portionsweise aufteilten.

Mehr als eine Million Kunden, nach Bhararas Überzeugung fast durchweg Kriminelle, sollen sich des Systems Liberty Reserve bedient haben. Allein 200 000 leben in den Vereinigten Staaten. Die Digitalwährung, heißt es in der Klageschrift, sei zu einem der wichtigsten Hilfsmittel von Cyber-Kriminellen und Budovskys Geldinstitut zur "Lieblingsbank der Unterwelt" avanciert. Richard Weber, Fahndungschef der amerikanischen Steuerbehörde, erinnert an den berühmtesten Verbrecher Chicagos, um die Tragweite des Falls deutlich zu machen. "Wäre Al Capone noch am Leben, würde er sein Geld auch auf diese Weise verstecken."

(RP)
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