Schnauzen, Füße, Schwänze Was kommt (wirklich) in die Wurst?

Düsseldorf · Wurst wird oft als Resteverwertung der Fleischindustrie bezeichnet. Dabei gibt es in Deutschland strenge Auflagen für jede nur erdenkliche Wurstsorte. Wir erklären, was wirklich drin steckt.

Teewurst, Salami, Leberwurst und Fleischwurst - was ist in der Wurst drin?
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Was in die Wurst kommt

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Foto: shutterstock/rainbow33

Der Fleischindustrie wird oft nachgesagt, dass sie dort, wo der Verbraucher es nicht sieht, einfach alles reinwirft. Doch die gesetzlichen Vorgaben sind streng und gute Fleischqualität zu niedrigen Preisen verfügbar. Zum Schummeln besteht also kaum Grund. Und weder Groß noch Klein möchte in den nächsten Skandal verwickelt sein. Trotzdem lohnt sich der Blick in die Wurst, um zu verstehen, was da eigentlich auf dem Teller landet.

Was nicht verwendet werden darf

Geschlechtsorgane, Gehörgänge, Augen – sowas will keiner in seiner Wurst haben. Das sieht auch die EU ähnlich und verbietet Lebensmittelherstellern die Verwendung bei der Wurstherstellung. Insbesondere alle Drüsen, die am Hormonhaushalt beteiligt sind, dürfen nicht auf dem Teller landen. Dazu kommen so unappetitlich klingende Dinge wie Luftröhren, Bronchien und Kehlkopf.

Die Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse in Deutschland gehen noch einen Schritt weiter. Knochen, Blase, Hirn und Rückenmark sind weitere Teile, die in Deutschland nicht in die Wurst dürfen. Schnauzen, Füße und Schwänze dürfte die Lebensmittelindustrie hierzulande zwar verwenden, tut es dem Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie (BVDF) zufolge aber kaum noch. Der Export nach China sei lukrativer. Dort gelten diese Stücke, richtig zubereitet, als Delikatesse. Wer sich jetzt fragt, was mit dem Euter ist: Dies gilt in einigen Regionen Europas als Spezialität – etwa in Scheiben paniert wie ein Schnitzel. In die Wurst wandert es aber nicht. Ebenso der Darm. Der darf zwar als Hülle, aber nicht in der Wurst verwendet werden.

Was sich für die Wurst eignet

Einige Stücke sind schlicht zu teuer, um sie für eine Fleischwurst durch den Wolf zu drehen. Wenn das Rinderfilet 40 Euro pro Kilogramm einbringt, wäre der Metzger schlecht beraten, es kleinzuhacken und in eine Bierwurst einzuarbeiten.

Andere Fleischstücke dagegen sind schlicht unbeliebter in der privaten Küche geworden. Nur noch wenige haben Lust, ihren Sonntagsbraten drei Stunden zu schmoren, wie es etwa für Beinscheiben nötig wäre. Finanziell wäre es also super für die Wursthersteller, wenn sie nur dieses Fleisch verwenden dürften. Die Leitsätze begrenzen aber genau deshalb diese Anteile. Qualitätsmaßstab ist dafür das Verhältnis aus magerem Muskelfleisch und bindegewebsreichem Fleisch. Mageres Fleisch kommt etwa aus der Keule und der Oberschale – aus der man auch Schnitzel schneidet. Bindegewebsreiches Fleisch enthält mehr Sehnen und Fettgewebe, wie das etwa bei Fleisch aus Hals und Bein der Fall ist.

Für jede Wurstsorte gilt daher ein Mindestanteil an bindegewebsfreiem Eiweiß. Je höher dieser Anteil, umso mehr mageres Muskelfleisch muss in die Wurst. Für die meisten Wurstsorten liegt dieser Anteil zwischen 70 und 80 Prozent.

Was nun wirklich drin ist

Dem BVFD zufolge wird für die industrielle Wurstherstellung hauptsächlich Schulter- und Bauchfleisch verwendet. Kleinere Metzgerbetriebe verarbeiten erfahrungsgemäß mehr vom Rind. „Früher hieß es: Für die Wurst ist nichts zu schade“, sagt Georg Gläser mit einem Schmunzeln. Gläser ist Metzgermeister in Neersen, der noch selbst schlachtet und wurstet. Außer Filet und Roastbeef schließt er kein Fleischstück für die Wurstherstellung aus. Rinderkeule eigne sich gut für Bierschinken, Schulter gut für Schinkenwurst, Haxe für die etwas gröbere Fleischwurst. Den guten Schinken verarbeitet der Metzger nicht nur zum namensgebenden Aufschnitt, sondern nutzt ihn auch als Einlage für Bier- und Mettwurst. Gläser sagt: Je feiner ein Produkt, umso wichtiger ist die Auswahl des Fleischs. „Die Cervelatwurst ist so fein, da würde jede Sehne auffallen“, sagt Gläser.

Am Ende muss das geforderte Eiweißverhältnis stimmen. Um dieses zu erreichen, können durchaus verschiedene Fleischqualitäten gemischt werden. Als Beispiel für eine Rezeptur nimmt Gläser 50 Kilogramm mageres Fleisch, das man pur sogar für Tartar nehmen könnte, und 30 Kilogramm fetteres Fleisch, das eher für Leberkäse geeignet wäre. Im genannten Verhältnis und mit den passenden Gewürzen wird daraus eine Fleischwurst.

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