Düsseldorf Lebensversicherung - was sich ändert

Düsseldorf · Der Bundestag hat das Reformgesetz beschlossen. Die Ausschüttungssperre ist geblieben, der geplante Zwang zur Offenlegung von Provisionen dagegen gestrichen worden. Am nächsten Freitag muss der Bundesrat noch zustimmen.

Die Zeiten sind hart für Lebensversicherer und ihre Kunden. Die Niedrigzinsen nagen an den Renditen des Altersvorsorge-Klassikers. Der Bundestag hat gestern ein Paket zur Stabilisierung der Branche verabschiedet. Wir erklären wichtige Punkte.

Bekommen die Kunden weniger ausgezahlt?

Künftig dürfen die Lebensversicherer die bisherige 50-prozentige Beteiligung an stillen Reserven kürzen. Laut der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg müssen Kunden bei einer Auszahlung von rund 50 000 Euro mit Einbußen von bis zu 4000 Euro rechnen. Betroffen sind jährlich rund sieben Millionen Verträge, wie der CDU-Abgeordnete Hans Michelbach in der aktuellen Bundestagsdebatte feststellte. Insgesamt gibt es allerdings 90 Millionen Lebensversicherungsverträge.

Die Versicherer müssen kürzen, wenn sie aus den Rückstellungen aufgrund niedriger Zinsen nicht mehr alle Garantien bedienen können. Entscheidend ist ein notwendiger "Sicherungsbedarf".

Die stillen Reserven sind durch die niedrigen Zinsen extrem gestiegen. Doch die Versicherer halten ihre Papiere in der Regel bis zum Ende. Daher müssen sie an aktuell ausscheidende Kunden laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hohe "Scheinreserven" auszahlen. Das würde jüngere Kunden belasten, die später für ihren Vertrag entsprechend weniger Geld bekommen. Dieser Argumentation ist die Bundesregierung nun gefolgt und hat ein Gesetz zur Stabilisierung der Lebensversicherer erlassen, das ein Kompromiss zwischen den Interessen der Kunden, Vermittler und Versicherer sein soll. Die 50-prozentige Beteiligung an den stillen Reserven aus Aktien und Immobilien bleiben unverändert.

Können Lebensversicherungen noch schnell gekündigt werden?

Kunden, deren Vertrag jetzt ausläuft, haben in der Regel kaum noch eine Chance, ihren Vertrag kurzfristig zu kündigen. Laut GDV gibt es keine typische Kündigungsfrist. In der Regel hängt sie von der Zahlweise des Kunden ab. Das Recht zur Kürzung der Bewertungsreserven auf festverzinsliche Anlagen soll aber nach der Abstimmung im Bundesrat am 11. Juli sofort gelten.

Gibt es auch Belastungen für die Versicherer?

Es gilt jetzt: In Krisensituationen dürfen Dividenden nicht mehr an Aktionäre der Lebensversicherer ausgeschüttet werden. Die Regelung wird von der Finanzaufsicht Bafin überwacht werden. Gleichzeitig müssen die Kunden künftig statt zu 75 mit 90 Prozent an Risikoüberschüssen beteiligt werden. Damit wird eine zentrale Forderung der Verbraucherschützer erfüllt. Laut Bund der Versicherten (BdV) rechnen nämlich die Versicherer bei Rentenversicherungen mit einer besonders hohen Lebenserwartung. Trifft das nicht zu, entstehen Risikoüberschüsse, von denen die Kunden nun deutlich stärker profitieren sollen.

Muss der Vermittler nun die Höhe seiner Verkaufsprovision nennen?

Nein. Diese Regelung ist in letzter Sekunde wieder gestrichen worden. Das wird von Gerhard Schick (Bündnis 90/Die Grünen) heftig kritisiert. Nach seiner Meinung hat der Kunde ein Recht zu erfahren, wie viel Provision ein Vermittler für ein bestimmtes Produkt erhält. Nur so könne geprüft werden, ob das Produkt nicht nur wegen einer hohen Provision empfohlen worden sei.

Die Regierung ist dagegen bei der Streichung der Argumentation der Berufsverbände der Vermittler gefolgt. So gibt es für unterschiedliche Vertriebswege sehr unterschiedliche Provisionen. Während beispielsweise Bankmitarbeiter eher eine kleine Provision erhalten, gibt es für selbstständige Versicherungsmakler ein deutlich höheres Salär, weil sie davon das Unternehmen finanzieren müssen.

Werden die Kosten von Lebensversicherungen transparenter?

Mit einer einzigen Kennzahl sollen die Kunden künftig erkennen können, wie viel Rendite die Kosten eines Produktes frisst. Der BdV hat diese Regelung kritisiert. Nach seiner Meinung kann die Kennzahl manipuliert werden und ein teures Produkt scheinbar günstig erscheinen. Der GDV begrüßt dagegen die Regelung. Damit sei es erstmals möglich, Versicherungen auch mit anderen Produkten zu vergleichen.

Lohnen sich Lebensversicherungen für Neukunden noch?

Ab dem kommenden Jahr dürfen die Versicherer bei neuen Verträgen nur noch 1,25 Prozent Garantie auf den Sparanteil ihrer Produkte versprechen. Bisher sind es 1,75 Prozent. Gleichzeitig zahlen die Versicherer Überschüsse. Doch die sinken auch seit Jahren. Nun gibt es aber für Lebensversicherungen zusätzlich, so will es das Reformgesetz, eine deutliche Deckelung der Kosten. Kunden sollten Angebote ab 2015 genau prüfen.

(RP)
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