Düsseldorf Landesregierung kassiert Breitband-Versprechen

Düsseldorf · Der Breitbandausbau ist das Lieblingsthema des Wirtschaftsministers. Jetzt grätscht der Umweltminister dazwischen.

Die Landesregierung rückt vom Versprechen einer flächendeckenden Vollversorgung mit schnellen Internetanschlüssen ab. Anlässlich eines neuen Förderprogramms für den Netzausbau im ländlichen Raum erklärten Umweltminister Johannes Remmel und Staatssekretär Horst Becker (beide Grüne), dabei sei das Ziel nur noch eine 85-prozentige Versorgung der Haushalte mit schnellen Anschlüssen bis 2018.

Schnelles Internet für alle ab 2018 - so hatte Rot-Grün es im Koalitionsvertrag versprochen: "In Zusammenarbeit mit der Bundesebene und anderen Bundesländern wollen wir das Ziel einer Breitbandversorgung von 50 MBit/s (Übertragungsrate von 50 Megabit pro Sekunde) für alle Haushalte gewährleisten und dies bis 2018 erreichen." Verknüpft war das stets mit Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD), in dessen Haus das Breitband-Referat sitzt, und der die Vollversorgung mehrfach angekündigt hatte. Warum kassiert nun Remmel das Ziel?

Der Anlass war kurios. Remmel stellte gestern eine neue Förderrichtlinie für den Netzausbau im ländlichen Raum vor. Warum nicht Duin? "Weil ich für den ländlichen Raum zuständig bin", sagte Remmel. Seine Botschaft: "NRW stellt 100 Millionen Euro für den Breitband-Ausbau in den ländlichen Räumen zur Verfügung." Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass die 100 Millionen Euro nur Teil eines 500-Millionen-Paketes für den Internet-Ausbau sind, das Duin schon im Herbst vorgestellt hatte. Das 500-Millionen-Paket besteht vor allem aus Geldern vom Bund und der EU.

Offenbar haben Remmel und Duin ihre Breitband-Botschaften nicht abgestimmt. Am Abend versuchte das Umweltministerium, die Wogen mit einer Mail zu glätten. Die war aber widersprüchlich: Einerseits bleibe es beim angestrebten 100-Prozent-Ausbau in NRW. Andererseits stand dort erneut die Formulierung, mindestens 85 Prozent der Haushalte über 50 MBit/s zu erreichen. Einen Konflikt mit Duin verneinte Remmel: "Unser Verhältnis ist harmonisch." Das wirkte zuletzt anders. Gleich mehrfach wollten Duin und Remmel sich bei gegenläufigen Projekten aushebeln. So definiert Duin die Braunkohle als Rückgrat der Energiewende und kämpft für fossile Kraftwerke, während Remmel noch am Freitag wieder für einen frühzeitigen Kohleausstieg plädierte. Auch beim Klimaschutzgesetz, beim Flächenverbrauchs-Ziel, beim Industrieprojekt Newpark im Ruhrgebiet und beim Tariftreuegesetz, das bei Aufträgen der öffentlichen Hand besonders strenge Auflagen macht, vertreten beide gegenteilige Positionen. Remmels Vorteil: Er war schon bei den Koalitionsverhandlungen dabei und konnte viele seiner Auflagen im Koalitionsvertrag verankern. Duin kam erst später ins Kabinett.

An wen genau Duin kürzlich dachte, als er sich von diesem Koalitionsvertrag distanzierte, kann man nur mutmaßen. Der Wirtschaftsminister sagte wörtlich: "Ich war selbst bei den Koalitionsverhandlungen 2012 nicht dabei. Und es gibt nichts, was ich mehr bedauere."

(RP)
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