Entscheidung zum Küken-Töten Das müssen Verbraucher jetzt wissen

Düsseldorf · Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei gibt es bereits. Sie würden das Töten der männlichen Küken entbehrlich machen. Das Problem: Die Verfahren sind noch nicht serienreif. Solche Eier werden aber schon verkauft.

Jedes Jahr werden nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums in Deutschland etwa 45 Millionen männliche Hühnerküken kurz nach dem Schlüpfen getötet. Wie das Bundesverwaltungsgericht am Donnerstag entschied, bleibt das Küken-Schreddern beziehungsweise -Vergasen vorerst rechtmäßig. Zumindest solange, bis alternative Verfahren zur Geschlechtertrennung im Brutei serienreif sind. Ein Überblick über Verfahren zur Geschlechtserkennung, wie sie funktionieren und was mit den getöteten Eiern passiert.

Gibt es bereits Alternativen zum Küken-Schreddern? Um das Küken-Schreddern zu beenden, fördert das Bundeslandwirtschaftsministerium unter anderem Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brutei. Damit kann vor dem Schlüpfen des Kükens festgestellt werden, ob aus dem Ei ein weibliches oder männliches Huhn schlüpfen würde. Wäre es ein weibliches, würde es ausgebrütet. Wäre es ein männliches, würde auf das Ausbrüten der Hähne verzichtet.

Zwei Verfahren werden vom Bundeslandwirtschaftsministerium gefördert, das endokrinologische und das spektroskopische. Beim endokrinologischen, also hormonellen Verfahren werden die Eier etwa neun Tage lang bebrütet. Dann wird von jedem Ei etwas Flüssigkeit gewonnen, ohne dass das Ei-Innere berührt wird. Anhand dieser Proben lässt sich das Geschlecht mit einem biotechnologischen Nachweisverfahren bestimmen. Weibliche Küken werden dann ausgebrütet, männliche nicht. Beim spektroskopischen Verfahren wird das Geschlecht schon früher bestimmt. Hier werden die Eier nach Angaben des Ministeriums etwa vier Tage lang bebrütet. Dann wird ein spezieller Lichtstrahl in das Ei-Innere geschickt. Das Geschlecht wird durch eine Analyse des reflektierten Lichts bestimmt. Nach insgesamt 21 Tagen Bebrütung schlüpfen die kleinen Legehennen. Von der Geschlechtsbestimmung bekommen die sich entwickelnden Küken laut Ministerium nichts mit.

Werden solche Eier bereits verkauft? Seit November 2018 sind nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums regional bereits erste Eier erhältlich, die mit Hilfe der Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei ohne Kükentöten gelegt wurden. Noch seien die Verfahren aber nicht serienreif, heißt es. Im Großraum Berlin werden in rund 380 Rewe- und Penny-Filialen schon Eier mit dem Logo „Respeggt“ angeboten, bei denen nach dem endokrinologischen Verfahren das Geschlecht bestimmt wurde. Laut Rewe arbeite das Unternehmen Seleggt intensiv daran, diese Eier bis Ende 2019 in allen Märkten bundesweit anzubieten.

Vom niedersächsischen Unternehmen Agri Advanced Technologies stammt der Prototyp zur volltautomatisierten spektroskopischen Geschlechtsbestimmung im Ei. Nach dessen Angaben  wird dieser  jedoch noch  unter Praxisbedingungen getestet. Die Genauigkeit der Messung müsse derzeit noch optimiert werden, weshalb zurzeit noch kein konkretes Einführungsdatum genannt werden könne, erklärt das Unternehmen..

Wer das Kükentöten nicht unterstützen will, kann Eier von Initiativen kaufen, die die sogenannten Bruderhähne aufziehen. Die Verbraucherzentrale Niedersachsen stellte bei einem Marktcheck im April fest, dass in sechs von elf Lebensmittelmärkten Eier „ohne Kükentöten“ im Sortiment waren. Sie kosteten pro Ei zwischen drei und 28 Cent mehr als herkömmliche Eier. Bei der Bio-Supermarktkette Alnatura gibt es seit drei Jahren Eier von der „Bruderküken-Initiative“. Sie kosten in der Zehner-Packung vier, in der Sechser-Schachtel fünf Cent mehr. Mit dem Geld werden Futter, Platz und Betreuung für die Aufzucht der Bruderküken finanziert. Die männlichen Küken werden zu Suppenfleisch oder für Fleisch in Babygläschen verarbeitet. Die „Bruderhahn-Initiative“ fördert seit sieben Jahren die Aufzucht männlicher Küken. Mehr als 30 landwirtschaftliche Betriebe nehmen an der Initiative teil. Ein Bruderhahn-Ei kostet vier Cent mehr als üblich.

Was passiert mit den getöteten Küken? Ein Großteil der Tiere wird zum Beispiel tiefgefroren und ungeschreddert an Zoos geliefert. Die meisten Tierparks kaufen Eintagsküken über Händler als Futter für ihre Raubvögel oder Reptilien. Teilweise ersetzen sie auch Mäuse oder Ratten als Futter. Zudem werden in Reptilienhandlungen oder Heimtiermärkten üblicherweise Eintagsküken verkauft. Viele Tierhalter kaufen die Küken zum Beispiel für ihre Katzen. Auch beim sogenannten Barfen sind die Küken oft ein Bestandteil. Barfen ist eine Methode, bei der Haustiere von ihren Haltern ausschließlich mit rohem Fleisch ernährt werden.

(mit Material der dpa)

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