Frankfurt/Main Küchenhersteller Alno ist insolvent

Frankfurt/Main · Das Unternehmen will sich in Eigenregie sanieren. Dann würden auch alle Bestellungen von Kunden ausgeführt.

Es ging schon lange nicht gut, jetzt geht es gar nicht mehr und doch weiter. So ist die Lage bei dem - nach der ostwestfälischen Nobilia - zweitgrößten Küchenmöbelhersteller Deutschlands, der Alno-Gruppe aus dem baden-württembergischen Pfullendorf. Alno hat gestern beim Amtsgericht Hechingen einen Insolvenzantrag gestellt, will aber das Unternehmen in Eigenverwaltung fortführen.

Das würde bedeuten, dass alle Bestellungen ausgeführt und auch Kundengarantien erfüllt werden könnten. Verbindliche Auskunft war darüber gestern aber weder bei Alno noch bei einzelnen Händlern oder dem Branchenverband zu bekommen.

Stimmt das Gericht der Fortführung in Eigenverwaltung zu, bliebe der Vorstand im Amt. "Der Geschäftsbetrieb läuft insgesamt unverändert weiter, die Mitarbeiter sind über das Insolvenzgeld abgesichert", teilte das Unternehmen gestern mit.

Alno meldete zugleich "operative Erfolge" - nämlich, die Verluste in den ersten fünf Monaten des Jahres von zehn auf 1,3 Millionen Euro gesenkt zu haben. Schwarze Zahlen, die seit dem Börsengang im Jahr 1995 äußerst selten sind, hätten sich nur wegen "der hohen Finanzverbindlichkeiten und der damit verbundenen Zinsbelastung" nicht eingestellt. Das soll die Insolvenz nun ändern. Freiwillig hatten die Gläubiger wohl nicht auf ihre Forderungen verzichtet. Man habe "keine Einigung erzielt", so Alno. Sie soll nun über die Insolvenz erzwungen werden.

"Es ist zu erwarten, dass alle Gläubiger Federn lassen müssen", sagte Klaus Nieding, Vorstand der renommierten auf Anlegerrecht spezialisierten Kanzlei Nieding und Barth. Alno hatte unter anderem eine Anleihe über 59 Millionen Euro emittiert. Die Aktien des Unternehmens, schon lange mit einem Wert von unter einem Euro ein sogenannter "penny stock", fielen gestern von anfangs 16 Cent auf elf Cent. Später erholten sie sich dann zwar auf 14 Cent - immer noch ein Verlust von rund 50 Prozent.

Der Vorstand kündigte an, er wolle "die zum Jahresbeginn eingeleitete Sanierung fortsetzen und den Turnaround absichern". Seit kurzem amtiert statt des langjährigen Vorstandschef Max Müller der frühere Finanzvorstand Christian Brenner. Er hatte unter anderem 350 Stellen in der Verwaltung streichen wollen. Brenner gilt als Vertrauter des mit 43 Prozent engagierten Alno-Großaktionärs Tahoe Investors, hinter dem die bosnische Unternehmerfamilie Hastor steckt. Sie ließ wissen, sie sehe "die nunmehr beabsichtigte Sanierung in Eigenverwaltung als Chance." Die "Altlasten der letzten zehn Jahre" hätten nicht schnell genug abgebaut werden können. Die Tahoe Investors GmbH sei bereit, "im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten ihren Beitrag zum Fortbestehen des Unternehmens zu leisten."

Der zweite Bevollmächtigte der IG Metall von Albstadt, Michael Föst, sagte, die Insolvenz komme nicht überraschend. Die Standorte müssten erhalten bleiben. Es dürfe keinen weiteren Stellenabbau geben.

Die Schwierigkeiten von Alno stehen im Kontrast zum Befinden der Branche. Denn die hatte lange gute Jahre gemeldet. Zwischen 2005 und 2015 war die Möbelindustrie insgesamt um 16,8 Prozent gewachsen, die Küchenmöbelhersteller aber mit 36,7 Prozent mehr als doppelt so schnell. Auch im ersten Quartal 2017 stiegen die Küchenmöbelumsätze schneller als die der gesamten Branche.

Allerdings hatte die Branche bis Ende 2014 mit sinkenden Durchschnittspreisen zu kämpfen. Im Mai war in der Branche das Konsumklima auch insgesamt deutlich abgesackt.

(RP)
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