Krypto-Börse FTX insolvent Dem Bitcoin-Hype droht das Ende
Düsseldorf · Krisen wie die bei der Plattform FTX zerstören das Vertrauen der Anleger, von denen jetzt viele ihre Wunden lecken. Zudem leidet die Branche unter teurer Energie und steigenden Zinsen.
Drei Tage nach der Insolvenzankündigung der Kryptowährungsbörse FTX erregt schon die nächste Plattform öffentliches Aufsehen. Diesmal geht es um Krypto.com, einen Handelsplatz, von dem zuletzt etwa 400 Millionen Euro an den Rivalen Gate.io überwiesen worden waren. Das hat offensichtlich gereicht, um Spekulationen über Unregelmäßigkeiten bei Krypto.com zu schüren. Unternehmenschef Kris Marszalek hat sofort jeden Zusammenhang mit FTX zurückgewiesen – und das Geld ist offenbar auch schon wieder zurück. Aber die Unsicherheit bleibt. Transaktionsfehler, wie sie in dem Fall passiert sind, steigern nicht unbedingt das Vertrauen der Investoren.
Nun hat es Unsicherheiten auf dem Markt für Kryptowährungen in den vergangenen Jahren schon zuhauf gegeben. Etliche steile Anstiege und ebenso steile Abstürze der Kurse von Bitcoin und Co. haben jenen recht gegeben, die vor den extremen Preisschwankungen und vor großen Investments in das Cybergeld gewarnt haben. Wobei auch hier natürlich gilt: Wer den richtigen Zeitpunkt für Ein- und Ausstieg geschafft hat, der hat womöglich viel Geld verdient. Nur leider schaffen das nicht viele. Entsprechend urteilt Chris-Oliver Schickentanz, Leiter des Portfoliomanagements beim Frankfurter Vermögensverwalter Capitell: „Wer Geld in Kryptowährungen anlegt, der investiert nicht, sondern er spekuliert. Das ist Spielgeld.“
Die FTX-Insolvenz ist ein markantes Beispiel dafür, wie Vertrauen in einen Markt immer mehr verloren geht. Das haben auch renommierte Großbanken registriert, die zuletzt damit begonnen hatten, Kryptowährungen und deren Entwicklung regelmäßig zu analysieren, aber ihre Aktivitäten jetzt zurückgefahren haben. Da spielt natürlich auch die Sorge mit, sich irgendwann haftbar zu machen. Bei FTX sind Kundengelder offenbar verliehen worden. FTX hielt angeblich nur einen kleinen Teil der Kryptowährungen, die Nutzer auf der Handelsplattform verwahrt hatten. Das klingt nicht gerade nach einer vertrauensbildenden Maßnahme. „Das Geschehen auf den Plattformen ist nicht transparent, so wie es bei den Kryptowährungen immer suggeriert wurde. Sie sind ein unregulierter Teil des Finanzmarktes, und dabei sollten Anleger immer vorsichtig sein“, rät Schickentanz.
Abseits der aktuellen Probleme bei FTX sind die Zeiten für Kryptowährungen ohnehin nicht gut. Das hat auch mit der Zinspolitik in den Vereinigten Staaten und in Europa zu tun. Sowohl in den USA als auch in der Eurozone sind die Zinsen in den vergangenen Monaten merklich gestiegen. Und das dürfte sich in näherer Zukunft kaum ändern, weil die Zentralbanken sich bemühen, die hohe Inflation zu bekämpfen. Solcherlei Geldpolitik hat aber die Konsequenz, dass sicher verzinste Geldanlagen an Attraktivität verlieren, während risikoreiche Investments ihren Reiz verlieren. Das gilt dann nicht für Aktien und Gold, sondern auch für das Kryptogeld. Ein Beleg dafür ist der Bitcoin-Kurs. Der fiel binnen eines Jahres um fast drei Viertel auf deutlich weniger als 17.000 US-Dollar. Jene, die sich damit vor der Geldentwertung durch die Inflation schützen wollten, haben womöglich viel Geld verloren. „Enttäuschte Anleger lecken jetzt ihre Wunden“, sagt Schickentanz.
Die Entwicklung der Zinsen ist ein Grund dafür, warum dem jahrelangen Krypto-Hype das Ende droht. Ein anderer sind die gewaltigen Kosten, die bei der Produktion von neuem Kryptogeld entstehen. Solange die Preise für Gas und Strom im Zaum blieben, war das Verpulvern von Energie kein Problem. Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat sich das aber geändert – zumindest in Europa, während in den USA wegen der geringeren Abhängigkeit von Russland die Preise bei Weitem nicht so drastisch stiegen wie in der sogenannten Alten Welt. Seit Ende Februar ist jedenfalls der Kostendruck gestiegen, und um das aufzufangen, haben Miner angefangen, Teile ihrer Bestände abzugeben. Auch sie müssen Strom bezahlen, auch sie müssen ihre Kreditschulden abtragen, auch sie müssen Mieten aufbringen. Miner sind diejenigen, die durch das Lösen komplizierter Rechenaufgaben die Blockchain fortschreiben. Ihre Verkaufsaktionen haben zusätzlichen Preisdruck ausgelöst.
Viele tun sich derzeit damit schwer, eine klare Prognose für die Entwicklung der Kryptokurse abzugeben. Für den Analysten Timo Emden von Emden Research ist das fehlende Vertrauen auf jeden Fall Grund genug, in nächster Zeit einen massenhaften Abzug von Geldern bei Kryptobörsen zu fürchten: „Ein derartiges Ereignis könnte eine sich selbstverstärkende Dynamik auslösen und zu weitreichenden Kursverlusten führen.“