Umgang mit Schnelltests Kritik an Teststrategie der Bundesregierung

Berlin · Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte ausreichende Mengen an Schnelltests zugesagt. Wie diese aber zu den Menschen kommen sollen und künftig angewandt werden können, ist vor Ort bei Kommunen und Wirtschaftsunternehmen oft noch unklar. Die Unzufriedenheit wächst, ein Gipfel wurde am Freitag abgesagt.

 Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts (Mitte), am Freitag in Berlin.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts (Mitte), am Freitag in Berlin.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Die Bundesregierung setzt auf einen zügigen Start von Schnelltest-Angeboten in Deutschland, um die Lockerung von Corona-Beschränkungen ab Montag abzusichern. „Von diesen Schnelltests sind mehr als genug da“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag in Berlin. Ein Spitzengespräch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Vertretern von Wirtschaft und Gewerkschaften zum geplanten Schnelltest-Angebot an die Beschäftigten in den Betrieben wurde vorerst abgesagt.

Nach Informationen unserer Redaktion aus Verbandskreisen wurden zwischen beiden Seiten zu große Differenzen deutlich. Die Unternehmen wollten ihre Kapazitäten an Betriebsärzten und medizinischen Dienstleistern vorrangig für das Impfen der Beschäftigten einsetzen und ihnen nicht noch zusätzlich die Verpflichtung zum Testen aufbürden. Statt dessen setzt die Wirtschaft auf Selbsttests der Beschäftigten. Die Regierung dagegen will die Wirtschaft weitgehend zu einer Teststrategie verpflichten, eine Pflicht sei aus rechtlichen Gründen aktuell aber vom Tisch. Vize-Kanzler Olaf Scholz habe argumentiert, wenn der Staat die Wirtschaft schon mit Milliarden-Hilfen unterstütze, könne er von den Unternehmen auch eine Gegenleistung verlangen. Die Verbände dagegen argumentieren, viele Unternehmen seien seit Monaten geschlossen oder hätten noch kaum Hilfe erhalten. Ihnen könne man jetzt nicht zusätzlich eine Test-Verpflichtung und die Kosten dafür aufbürden.

Spahn bekräftigte, dass der Bund ab diesem Montag die Kosten trägt, um allen Bürger einen Schnelltest pro Woche anzubieten. Diese Tests werden von geschultem Personal durchgeführt. Teils ist noch Geduld gefragt. Die Schnelltests gibt es vom Start weg am Montag nicht überall. Das machte Spahn deutlich. Aber viele Länder hätten angekündigt, loslegen zu wollen. Für das Einrichten der Teststellen etwa in Zentren oder Apotheken sind die Länder zuständig. Um die Länder zu unterstützen, solle dabei auch eine Arbeitsgruppe der Regierung unter anderem mit Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) helfen, sagte Spahn. Er bot sich den Ländern auch direkt als „Kontaktbörse“ für Kontakt zu Herstellern an und rief etwa Gastronomen dazu auf, selbst Konzepte für den Einsatz von Schnelltests etwa vor Restaurantbesuchen zu entwickeln, wenn die Infektionslage irgendwann Öffnungen zulässt. Das müssten doch nicht der Bund oder die Länder en detail regeln, das werde sich doch ergeben, sagte Spahn.

Kritik kam von den Kommunen. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte: „Die Kommunen sind grundsätzlich bereit, dieses Vorhaben zu unterstützen und Schnelltest-Zentren aufzubauen. Wir brauchen gerade mit Blick auf die Schnelltest-Strategie jetzt vom Bund schnell Klarheit, wer welche Aufgaben, etwa bei Beschaffung der Tests, übernimmt.“ Zudem brauche man eine vernünftige digitale Lösung zur Erfassung der Testergebnisse und zur Vergabe von Testterminen, so Landsberg. „Idealerweise wird so eine Lösung von Bund und Ländern schnell bereitgestellt.“ Zudem müsse möglichst einheitlich klargestellt werden, wie der konkrete Nachweis über ein negatives Schnelltest-Ergebnis erfolgen solle, sagte Landsberg.

Unterdessen forderte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich den CDU-Vorsitzenden Armin Laschet auf, klare Aussagen zur Finanzierung der Corona-Ausgaben zu machen. „Die Pandemie verursacht immens hohe Kosten und Steuermindereinnahmen für alle staatlichen Ebenen – auch in den kommenden Jahren“, sagte Mützenich. „Bis Ende März müssen wir in der Koalition klären, wie wir das finanzieren wollen. Bisher fallen CDU und CSU vor allem damit auf, weitere Ausgabenwünsche zu präsentieren“, sagte der SPD-Politiker. „Gleichzeitig will die Union schleunigst zur schwarzen Null zurückkehren. Ich fordere vom CDU-Vorsitzenden Armin Laschet endlich Klarheit darüber, wie er sich die Finanzierung der Pandemie in den nächsten Jahren vorstellt“, sagte Mützenich und warb dafür, dass an Zukunftsinvestitionen genauso wenig gerüttelt werden dürfe wie am Sozialstaat, der gerade helfe, durch die Pandemie zu kommen.

(jd/mar/dpa)
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