Zahlung an Betreibergesellschaft verweigert Krankenkassen ziehen bei Gesundheitskarte Notbremse
Berlin · Im Streit um die elektronische Gesundheitskarte haben die Krankenkassen die Reißleine gezogen. Der GKV-Spitzenverband verweigert, weitere Gelder an die Betreibergesellschaft der Gesundheitskarte, Gematik, zu zahlen. Dies bestätigte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, unserer Redaktion.
"Dem Verwaltungsrat ist der Kragen geplatzt. Wenn Versichertengelder ausgegeben werden, muss auch etwas geschehen", begründete Lanz die Entscheidung. Gesperrt sind 57 Millionen Euro. Die Kassen müssen eigentlich pro Jahr und Mitglied 1,09 Euro an die Gematik überweisen.
Grund für die Blockade ist der Ärger der Krankenkassen über Ärzte und andere Leistungserbringer im Gesundheitswesen, die aus ihrer Sicht seit Jahren die Etablierung einer echten Gesundheitskarte mit vielfältigen Funktionen wie Speicherung von Notfalldaten und Patientenakten verzögern. Bei einer Verwaltungsratssitzung am 16. Januar soll entschieden werden, wie es weiter geht. Da die Gesellschaft Gematik nach Angaben der Kassen noch über ausreichend Mittel verfügt ist der aktuelle Betrieb der Gesundheitskarte nicht gefährdet.
Seit 1. Januar müssen alle gesetzlich Versicherten über die so genannte elektronische Gesundheitskarte (eGK) verfügen. Sie unterscheidet sich von der herkömmlichen Krankenkassenkarte äußerlich nur dadurch, dass sie ein Foto des Versicherten zeigt. Ursprünglich sollte die eGK bereits 2006 eingeführt werden. Sie kommt nun stattliche neun Jahre zu spät.
Ihr fehlen auch noch etliche Funktionen, die vorgesehen waren. So soll sie eines Tages, sofern der Versicherte das wünscht, Daten über Allergien, Blutgruppe, Krankheiten und Medikamentenverordnungen enthalten. Sie könnte auch Ärzten den Zugang zu Röntgenbildern gewähren. Auch eine rasche Online-Überprüfung — einmal pro Quartal bei den Kassen — ob die Karte noch gültig ist, soll möglich werden. Doch all diese Funktionen können noch nicht abgerufen werden, da insbesondere die Ärzteschaft das Projekt vielfach ausbremste.
Bereits im Frühjahr 2014 hatte sich der Verwaltungsrat des Spitzenverbandes in einer Stellungnahme Luft gemacht und beklagt, das Projekt drohe die "finanzielle Schmerzgrenze" zu überschreiten, und den Gesetzgeber aufgefordert einzuschreiten. Bislang wurden rund 800 Millionen Euro investiert.