Kraftstoffpreise Warum Sprit gerade so teuer ist

Düsseldorf · In den vergangenen Monaten sind die Preise für Diesel und Benzin um bis zu zehn Cent pro Liter gestiegen, auch in Nordrhein-Westfalen. Schuld sind Wechselkurse, korrupte Staaten und die US-Politik.

An einer Tankstelle steckt ein Zapfstutzen einer Zapfsäule im Tank eines Autos (Symbolbild).

An einer Tankstelle steckt ein Zapfstutzen einer Zapfsäule im Tank eines Autos (Symbolbild).

Foto: dpa/Arno Burgi

An Deutschlands Zapfsäulen wird die Lage ernst. Und das kurz vor Ende der Ferien in Nordrhein-Westfalen. Benzin und Diesel sind deutlich teurer geworden, auch in NRW – und es sieht nicht danach aus, als würde der Sprit wieder billiger werden. Vergangene Woche stieg der Preis für den Liter Diesel im Bundesschnitt auf 1,29 Euro, Super E10 kletterte auf 1,46. Das ist Rekord. Seit April stiegen die Benzinpreise damit um mehr als zehn Cent pro Liter. So teuer war Tanken seit drei Jahren nicht. Doch woran liegt das? „Es gibt eine Vielzahl an Faktoren, die derzeit die Spritpreise hochtreiben“, sagt ein Sprecher des ADAC. „Dazu gehören unter anderem der gestiegene Ölpreis, schwankende Wechselkurse und eine Verknappung am Markt.“

Besonders der Einfluss des Ölmarktes ist groß. Dass der Kurs für viel Bewegung an den Tankstellen sorgt – dort, wo das raffinierte Öl als Benzin oder Diesel aus den Schläuchen fließt – war nie anders. Doch gerade prägen Unsicherheiten den Markt. Die Nervosität ist groß. Zuletzt kostete das Fass Brent knapp 72 Dollar. Vor einem Jahr lag der Preis zeitweise noch unter 50 Dollar. „Seit etwa anderthalb Jahren bewegt sich der Rohölpreis nach oben“, sagt Klaus-Jürgen Gern, Rohstoffexperte am Institut für Weltwirtschaft in Kiel. „Die OPEC und Russland haben ihre Produktion eingeschränkt, dadurch sinken die Lagerbestände.“ Zudem würden Engpässe in der Versorgung drohen, etwa durch den Iran-Konflikt oder den Produktionsausfall in Venezuela.

In dem südamerikanischen Land, das zu den Staaten mit den größten Ölvorkommen der Welt zählt, brach die Produktion zuletzt ein. Grund dafür waren Korruption, Misswirtschaft und zu späte Investitionen, sodass die Fördermenge Anfang des Jahres von 3,5 Millionen Barrel pro Tag auf etwa 1,5 Millionen Barrel gesunken war. In der Folge hatten die Chinesen dem Land fünf Milliarden Dollar geliehen, um die Produktion wieder anzukurbeln. Trotz der hohen Zahl an Ölvorkommen hat Venezuela an der weltweiten Fördermenge allerdings nur einen Anteil von etwa drei Prozent.

Ganz anders der Iran. Hier könnten die Folgen gravierender sein. Das Land fördert täglich etwa die doppelte Menge an Öl wie Venezuela. US-Präsident Donald Trump will am 4. November mit seinen Sanktionen auch die iranische Ölindustrie ins Visier nehmen. Staaten, die das schwarze Gold dann noch aus dem Iran importieren, sollen bestraft werden. „Die Sorge um Knappheit am Markt ist berechtigt“, sagt Gern. Zwar bezieht Deutschland kein Öl aus dem Iran, und auch in die Europäische Union fließt nur ein kleiner Teil der iranischen Exporte – dennoch: Die Sanktionen könnten den Ölpreis auf dem Weltmarkt weiter nach oben treiben. Mit Folgen für Deutschland. „Sollten die Rohöl-Importe aus dem Iran komplett ausfallen, wären die Folgen am Markt gravierend. Dann könnte eine echte Unterversorgung drohen“, sagt Gern. Ob die USA die Sanktionen am Ende aber vollständig durchsetzen, bezweifelt er.

Was bedeutet das nun für deutsche Autofahrer? „Prognosen über den Ölpreis und damit auch den Spritpreis sind schwierig bis unmöglich“, heißt es beim ADAC. Theoretisch könnte der Ölpreis auch sinken, wenn die USA entscheiden, den Markt kurzzeitig mit Reserven zu drücken. Wie auch immer der Markt sich entwickelt, Verbraucher sollten ihr Tankverhalten anpassen. „Mittlerweile gibt es Apps, die die Spritpreise im Tagesverlauf sehr genau ausweisen“, sagt ein ADAC-Sprecher. Das sei auch der Grund, wieso die Preise heute viel stärker schwanken als früher: Autofahrer vergleichen Tankstellen immer stärker, der Wettbewerb nimmt zu. „In der Regel gibt es am frühen Morgen und mittags eine Preisspitze. Wer günstig tanken will, sollte den Nachmittag wählen“, heißt es bei Europas größtem Verkehrsclub.

Noch immer hält sich hartnäckig das Gerücht, die Spritpreise legten während der Sommerferien grundsätzlich zu – eben ein einfaches Kostenkalkül der Tankstellenbetreiber. Laut ADAC stimmt das nicht. „Das war einmal, aber mittlerweile gibt es diese Schwankungen in dem Ausmaß nicht mehr.“ Das zeigt auch der Blick auf den Verlauf der Benzin- und Dieselpreise 2018. Einen vorläufigen Höhepunkt erreichte die Kurve bereits Mitte Mai – zu den Pfingstferien. Kurz vor Sommerferienbeginn sank der Preis aber wieder.

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