Düsseldorf Konzerne bangen um Russland-Deals

Düsseldorf · Das geplatzte Tauschgeschäft zwischen BASF und Gazprom löst neue Diskussionen aus. Auch bei RWE und Salzgitter verlieren die Aktien deutlich an Wert, weil die Märkte an den geplanten Geschäften mit russischen Partnern zweifeln.

Die Spannungen zwischen Russland und dem Westen bedrohen immer mehr Milliardendeals deutscher Konzerne. Nach dem in letzter Minute geplatzten Tauschgeschäft des Chemieriesen BASF mit Gazprom wächst in weiteren Vorstandsetagen die Sorge. An der Börse gerieten gestern nicht nur Aktien von BASF unter Druck, sondern auch die des Energieriesen RWE und des Stahlkonzerns Salzgitter. RWE will seine Tochter Dea an russische Investoren verkaufen, Salzgitter hofft, dass das Röhrengeschäft für die von Russland abgesagte South Stream Pipeline doch noch zustande kommt.

BASF hatte am Donnerstagabend mitgeteilt, der bis Jahresende geplante Anteilstausch mit Gazprom sei "aufgrund des aktuell schwierigen politischen Umfelds" abgeblasen. BASF und Gazprom hatten 2012 vereinbart, dass die Kasseler Öl- und Gastochter Wintershall das hiesige Gashandels- und Gasspeichergeschäft vollständig an den russischen Staatskonzern abgibt. Dafür sollte BASF im Gegenzug mehr Anteile an großen Erdgasfeldern in Sibirien erhalten. Allein auf BASF-Seite handelte es sich um Geschäfte mit einem Umsatz von rund zwölf Milliarden Euro. Nach der Absage gab die BASF-Aktie zeitweise mehr als drei Prozent nach. "Die Absage kommt überraschend, da sich BASF-Chef Bock noch vor kurzem zuversichtlich gezeigt hatte, den Asset-Tausch bis zum Jahresende abschließen zu können", schrieb NordLB-Analyst Thorsten Strauß. "Anleger befürchten nun, dass weitere Deals mit Russland auf der Kippe stehen könnten", sagen Händler.

RWE-Papiere gaben über zwei Prozent nach. Der Versorger will die Öl- und Gasfördertochter Dea für 5,1 Milliarden Euro an eine Gruppe um den russischen Oligarchen Michail Fridman verkaufen. Die Essener versuchten Sorgen über ein Scheitern des Dea-Deals zu zerstreuen. "Wir arbeiten daran, die Transaktion zügig abzuschließen", erklärte der Konzern. Es stünden aber noch Zustimmungen Dritter aus: "Ob wir die Gespräche hierzu bereits 2014 abschließen können, lässt sich nicht absehen." Während Bundesregierung und EU-Kommission bereits zugestimmt haben, stößt der Deal in Großbritannien auf Widerstand. RWE könnte zwar die Gas- und Ölproduktion in der britischen Nordsee abspalten und separat verkaufen, dem Konzern drohen dann aber wegen der gefallenen Öl- und Gaspreise Einbußen. Die Ratingagentur Fitch erwartet, dass Teile der Transaktion nachverhandelt werden.

Auch in Norddeutschland wird um einen Russland-Deal gebangt. Die Salzgitter-Aktie verlor zeitweise fast drei Prozent an Wert. Die Niedersachsen teilten mit, die Produktion von Röhren für die Gaspipeline South Stream unterbrochen zu haben. Das Gemeinschaftsunternehmen Europipe sei vom South-Stream-Konsortium angewiesen worden, die Fertigung bis 1. Januar 2015 auszusetzen. Die Niedersachsen betonten, dies bedeute aber nicht, dass das Projekt beendet sei. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte Anfang Dezember South Stream für tot erklärt. Er begründete dies mit Vorgaben der EU-Kommission, die sich daran stört, dass mit Gazprom ein Erdgaslieferant zugleich den Zugang zu den Pipelines kontrolliert. Wenn Europa das Projekt nicht wolle, dann werde es eben nicht gebaut, hatte Putin erklärt. Stattdessen sei die Türkei nun bevorzugter Abnehmer. Putin sucht zudem für die Gasgeschäfte Partner in Asien, um die Abhängigkeit von Kunden in Europa zu verringern.

Nach Einschätzung von Experten sind die Auseinandersetzungen mit der EU und die Ukraine-Krise allerdings auch nicht die einzigen Gründe für die Absage des Projekts. Die sinkende Gasnachfrage in Europa durch die anhaltende Konjunkturflaute und stark fallende Gaspreise untergraben die Wirtschaftlichkeit des 40 Milliarden Dollar teuren Projekts.

Nicht nur solche Deals lösen Sorgen bei den Konzernen aus: Die Metro, die vor allem Großhandelsgeschäft in Russland betreibt, rechnet wegen der Schwäche des Rubel mit währungsbedingten Umsatzeinbußen von etwa 200 Millionen Euro.

(rtr)
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