Baumarktkette in Insolvenz Kommt ein Praktiker-Nachspiel für die Metro?

Düsseldorf/Hamburg · Wieder ist ein Handels-Unternehmen am Ende. Die Baumarkt-Kette, die mit aggressiver Preiswerbung auffiel, ist zahlungsunfähig. Noch offen ist, welche Folgen das für die Metro hat. Der Düsseldorfer Konzern zählt zu den großen Vermietern der Baumarkt-Immobilien.

Nun wird die Werbung zum Bumerang: Jahrelang hatte Praktiker mit Slogans wie "20 Prozent auf alles — außer Tiernahrung" oder "Hier spricht der Preis" geworben. Nun spricht der Preis tatsächlich: Auf 13 Cent stürzte der Kurs der Aktie der Baumarkt-Kette, die allein in Deutschland 315 Filialen betreibt und 20 000 Mitarbeiter beschäftigt. Und statt 20 Prozent auf alles gab es rund 65 Prozent Kursverfall. Das Bekanntwerden der Insolvenz hat die Aktie der Praktiker AG auf einen Tiefstand getrieben.

Am 11. Juli stellte das Unternehmen beim Amtsgericht Hamburg Insolvenzantrag für acht Gesellschaften der Vertriebslinien "Praktiker" und "Extra Bau&Hobby", nun könnte zum Wochenende der Insolvenzantrag für die gesamte AG folgen. Ausgenommen bleiben nur die Tochter Max Bahr mit ihren 132 Baumärkten, die im Rahmen der geplanten Sanierung im vergangenen Jahr Gläubigern als Sicherheit für einen Kredit über 75 Millionen Euro hinterlegt wurde, sowie das Auslandsgeschäft. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Christopher Seagon von der Kanzlei Wellensiek ernannt.

20.000 Praktiker-Mitarbeiter könnten im schlimmsten Fall in Deutschland ihren Job verlieren. Die Gewerkschaft Verdi sprach von einer "menschlichen und existenziellen Tragödie". Die Belegschaft sei sogar zu finanziellen Zugeständnissen bereit gewesen. Nun will Verdi eine Zerschlagung des Konzerns verhindern.

Konkurrenz prüft Übernahme einzelner Märkte

Erste Interessenten gibt es bereits: Konkurrent Obi habe kein Interesse an Praktiker, würde die Übernahme einzelner Filialen jedoch prüfen, erklärte Karl-Eriwan Haub, Chef der Tengelmann-Gruppe, zu der Obi gehört. Auch gute Leute würden immer gesucht. Wie Obi äußerte Konkurrent Hagebau ebenfalls Interesse an einzelnen Filialen.

Die Pleite der Praktiker AG trifft auch ihre ehemalige Mutter, die Metro. Praktiker war 1996 über die Verschmelzung der Metro mit der Asko Deutsche Kaufhaus AG in den Konzern gelangt. 2005 brachte der Düsseldorfer Handelskonzern seine ungeliebte Tochter an die Börse. Doch Metro und Praktiker sind bis heute miteinander verbunden: Zahlreiche Praktiker-Gebäude gehören weiterhin der Metro. "Wir sind über unsere Immobilientochter Vermieter von 40 Standorten in Deutschland, neun in Polen und vier in der Türkei", sagte ein Sprecher. Auswirkungen der Praktiker-Pleite könne man noch nicht abschätzen.

Für Branchenkenner kommt die Pleite nicht überraschend. Zum Geschäftsmodell von Praktiker gehörte es, immer höhere Rabatte auszurufen, um Kundschaft zu locken. Doch diese Strategie kann auf Dauer nicht funktionieren. Wenn die Kunden nur bei Rabattaktionen kommen, kann man kaum auskömmlich wirtschaften. Zwar hatte Praktiker diese Strategie zuletzt eingestellt, doch damit auch für Kunden den Reiz verloren. Als nun der nasskalte Winter der gesamten Baumarktbranche die Bilanz verhagelte, musste das Unternehmen erneut mit hohen Nachlässen locken, um seine Waren loszuwerden. "Wenn der Preis das einzige Mittel ist, dann ist das der Tod", sagt daher auch Haub.

Metro könnte bereits hohe Mietforderungen haben

Bereits im Mai soll Praktiker laut Informationen der "Immobilien-Zeitung" mehreren Eigentümern die Miete schuldig geblieben sein, was Praktiker damals noch als peinliches Versehen abtat. Doch viele Branchenkenner werteten das Versäumnis als ersten Hinweis auf Zahlungsschwierigkeiten, immerhin werden für einen durchschnittlichen Praktiker-Standort monatlich zwischen 50.000 und 90.000 Euro Miete fällig. Ob Praktiker auch der Metro-Gruppe Mieten schuldig geblieben ist, wollte der Metro-Sprecher nicht kommentieren.

Klar ist jedoch, dass mit Praktiker nach Schlecker das zweite große Einzelhandelsunternehmen insolvent geht, das die Zeichen der Zeit zu spät erkannte. "Praktiker hat schon in den Neunzigern den Trend zu großen Handelsflächen verpasst", sagt Thomas Roeb, Professor für Handelsbetriebslehre an der Hochschule Rhein-Sieg. Dadurch war das Angebot kleiner und der Umsatz pro Quadratmeter niedriger als bei der Konkurrenz. Während Hornbach laut eigenen Angaben 1890 Euro pro Quadratmeter umsetzt, kommt Praktiker nur auf 1066 Euro. Die drei Milliarden Euro Umsatz, die Praktiker mit weltweit 430 Filialen erwirtschaftete, schaffte Hornbach mit 138 Märkten.

(RP)
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