Düsseldorf Klima-Deal: RWE schaltet jeden vierten Block ab
Düsseldorf · Alte Kraftwerke sollen in eine Reserve, für die der Stromkunde zahlt. Grüne nennen Gabriel einen "Klima-Pinocchio".
Der Vorstoß von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), alte Kohlekraftwerke mit einer Klimaabgabe zu belegen, ist offenbar vom Tisch. NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) sagte, Gabriel habe erklärt, offen für Alternativen zu sein. Diese bestehen aus einem Maßnahmenmix. Damit werde dasselbe Ziel erreicht, nämlich den Ausstoß an Kohlendioxid bis 2020 um 22 Millionen Tonnen zu senken.
Kraftwerks-Aus Acht Braunkohle-Blöcke sollen binnen vier Jahren in eine stille Reserve gehen und dann abgeschaltet werden. In NRW sollen fünf kleine der 20 Braunkohle-Blöcke schrittweise vom Netz gehen. Welche Anlagen die seien, entscheide RWE, sagte Duin. Laut Konzernkreisen werden drei 300-Megawatt-Blöcke in Niederaußem und zwei in Frimmersdorf abgeschaltet, insgesamt 1,5 Gigawatt. Hinzu kommen drei Blöcke in Ostdeutschland. Für die Reserve sollen die Versorger mehrere hundert Millionen Euro erhalten, die über den Strompreis auf den Verbraucher umgelegt werden.
Unter Berufung auf die Gewerkschaft IG BCE sprach Duin von bis zu 3000 Stellen, die bundesweit bei Versorgern und Zulieferern wegfallen könnten. Am Vortag hatte IG BCE-Chef Michael Vassiliadis betont, der Abbau werde sozialverträglich erfolgen. Wie lange RWE sich noch drei Tagebaue leisten kann, bleibt offen.
KWK-Förderung Zudem soll auch die Förderung von klimafreundlichen Anlagen, die Strom und Wärme gleichzeitig erzeugen (KWK-Anlagen) und auf die viele Stadtwerke setzen, verdreifacht werden. Auch das muss der Stromkunde zahlen - über eine Erhöhung der KWK-Umlage. Der Strompreis soll sich durch diese Maßnahmen insgesamt um 0,5 Cent pro Kilowattstunde verteuern. Das nannte Duin verträglich.
Abwrackprämie Noch offen ist, wer die Abwrackprämie für alte Heizungen bezahlten soll, über die der Staat den Einbau klimafreundlicher Heizungen fördern will. Bis zu sechs Milliarden Euro stehen in Rede, die der Bundesfinanzminister aus dem Haushalt geben soll.
Duin sprach von einem großen Erfolg für NRW und lobte Gabriel für das Bemühen, den Ausstoß von Schadstoffen zu senken. Zudem sei es ihm gelungen, "den politischen Knoten durchzuschlagen". Ziel erreicht, aber mit der Klimaabgabe gescheitert? Das will Gabriel noch nicht einräumen. Er wies zurück, dass die Klimaabgabe schon vom Tisch sei, und betonte, dass die Entscheidung bei einem Koalitionsgipfel am 1. Juli fallen werde. Dann will das Kanzleramt von den Partei- und Fraktionschefs ein Gesamtpaket zur Energiepolitik beschließen lassen. Darin enthalten sind Beschlüsse zum Netzausbau, zum Strommarktdesign, zur Finanzierung des Atomausstiegs - und zur Klimaabgabe. Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) dringt auf die Sicherung der 36 Milliarden Euro an Rücklagen für Rückbau der Meiler und Entsorgung des Atommülls, bevor Konzerne wie RWE kein Geld mehr haben.
CDU-Landeschef Armin Laschet begrüßte das Aus für die Klimaabgabe. Sie sei der falsche Weg. Oliver Krischer (Grüne) sagte dagegen: "Gabriel ist der Klima-Pinocchio der Republik. In Hinterzimmern des Wirtschaftsministeriums wurde zugunsten von RWE und Vattenfall auf Kosten der übrigen Energiewirtschaft und der Stromkunden ein schmutziger Deal eingefädelt."