Verbandspräsident von Haus und Grund NRW „Neue Grundsteuer ist ein Bürokratiemonster“

Interview | Düsseldorf · Der Verbandspräsident von Haus und Grund NRW spricht im Interview über das Reformmodell sowie dessen Folgen für Eigentümer und Mieter. Und er fordert Verbesserungen für Eigentümer und Hauskäufer.

 Das Grundsteuermodell, das in NRW künftig zur Anwendung kommt, muss regelmäßig aktualisiert werden.

Das Grundsteuermodell, das in NRW künftig zur Anwendung kommt, muss regelmäßig aktualisiert werden.

Foto: Hans Blossey / imago

Die Grundsteuer in Deutschland wird neu berechnet. Grundstückseigentümer und Immobilienbesitzer müssen zu diesem Zweck eine Feststellungserklärung abgeben. Das neue Modell löst teilweise Ärger aus. Über die Reform sprachen wir mit Klaus-Dieter Stallmann, dem Präsidenten der Eigentümervereinigung Haus und Grund in Nordrhein-Westfalen.

Herr Stallmann, vielen ist das neue Grundsteuermodell in Nordrhein-Westfalen ein Dorn im Auge. Ihnen auch?

Stallmann Auf jeden Fall. Das Bundesmodell, das Nordrhein-Westfalen ja auch anwendet, ist extrem bürokratisch, weil es alle paar Jahre aktualisiert werden muss. Da sind Dinge drin, die in der Flächen- und Gebäudeberechnung anderer Länder gar nicht vorgesehen sind. Ein bürokratisches Monster, für das man eigentlich ein paar Hundert Beamte einstellen müsste, um alles zu bewältigen.

Was heißt das für die Eigentümer?

Stallmann Die haben ja jetzt schon Post bekommen mit ersten Informationen darüber, was sie alles ab 1. Juli dieses Jahres machen sollen. Dazu sind viele aber gar nicht in der Lage.

Warum nicht?

Stallmann Das geht nur mit Hilfe eines Steuerberaters oder mit Unterstützung anderer Experten, wie wir sie bei Haus und Grund haben. Was noch schlimmer ist: Das Ganze geht nur online und muss bis zum 31. Oktober erledigt sein. 60 Prozent unserer Mitglieder sind Rentner, von denen haben viele überhaupt keinen Internetzugang. Dabei hatte der nordrhein-westfälische Finanzminister doch angekündigt, dass die Feststellungserklärung in Härtefällen auch auf Papier erfolgen kann. Davon ist im Erlass aber keine Rede mehr.

Sie wollen also so etwas wie eine Rentner-Regel für Menschen, die nicht so online-affin sind?

Stallmann Genau das. Das hatte der Minister ja auch zugesagt.

Was stört Sie inhaltlich an dem Modell?

Stallmann Da werden nicht nur Grundstücks- und Gebäudewerte einbezogen, sondern beispielsweise auch die Mieten. Das muss man dann nach ein paar Jahren wieder neu erfassen. Nur Grundstücks- und Gebäudewerte einzubeziehen, wäre gerechter und weniger aufwendig. Stattdessen wird jetzt alle sechs Jahre neu bewertet. Das Finanzamt prüft und schickt die neuen Steuermesswerte an die Kommunen, die dann wieder neu entscheiden müssen über die Höhe der Grundsteuer.

Und die steigt dann in vielen ­Fällen, oder?

Stallmann Das wird unterschiedlich sein. Wir gehen tendenziell davon aus, dass aufgrund der unterschiedlichen Wertentwicklung die Grundsteuer in ländlichen Gebieten eher sinken, in den Städten aber deutlich steigen wird. Und weil der Eigentümer die Grundsteuer ja über die Nebenkosten auf die Miete umlegt, kommen auch höhere Kosten auf die Mieter zu. Dass das Grundsteueraufkommen insgesamt bei 18 Milliarden Euro stabil bleiben solle, halte ich unter diesen Voraussetzungen für illusorisch.

Wie viel Mehrbelastung kommt denn auf Eigentümer und Mieter in den Städten zu?

Stallmann Ich denke, dass es für 20 bis 25 Prozent der Eigentümer teurer wird, und die werden auch bis zu 20 Prozent mehr zahlen müssen – mit den entsprechenden Konsequenzen für Mieter. Wobei solche Werte erst mal nur meine Schätzung sind. Aber deutlich teurer wird es auf jeden Fall. Wenn auch die neue Grundsteuer erst ab 2025 erhoben wird, beunruhigt das viele Eigentümer schon jetzt.

Müssten Vermieter die Grundsteuer selbst tragen? Es gibt ja entsprechende Forderungen.

Stallmann Die gibt es. Aber es ist seit langer Zeit so geregelt, dass der Vermieter die Grundsteuer über die Nebenkosten umlegen kann. Würde da etwas geändert, würde es wahrscheinlich viele Prozesse ­geben.

Zurück zur Reform: Wenn doch das Grundsteueraufkommen gleichbleiben soll, müssten große Städte die Hebesätze ja senken.

Stallmann Am Ende entscheidet das der Rat der Stadt oder Gemeinde. Aber wenn ein Kämmerer sieht, dass er noch Geld braucht, wird der Hebesatz wohl nicht sinken.

Die Immobilienpreise sind – nicht nur in den Ballungsgebieten – stark gestiegen. Manche sprechen gar von der Immobilienblase, die demnächst platzen werde. Wie sehen Sie die Situation auf dem ­Immobilienmarkt?

Stallmann Das sehe ich genauso. Und wenn erst einmal die Zinsen steigen, dann werden viele Probleme bekommen, weil sie die Kreditbelastungen nicht mehr stemmen können. Auch im ländlichen Bereich, wo die Preise ja auch deutlich gestiegen sind. Und auch die Baukosten sind ja zuletzt spürbar geklettert.

Außerdem ist die Grunderwerbsteuer hoch, die Immobilienpreise in Nordrhein-Westfalen sind es sowieso, und dann steigt auch noch die Grundsteuer. Wird auf diese Weise der Erwerb von Eigentum ­blockiert?

Stallmann Zumindest deutlich erschwert. 6,5 Prozent Grunderwerbsteuer sind eindeutig zu viel. Natürlich ist auch der Finanzminister an hohen Steuereinnahmen interessiert, aber 3,5 Prozent wären genug. Wir forden die Parteien vor der Landtagswahl eindringlich auf, über eine Senkung nachzudenken und dies auch in einem Koalitionsvertrag festzuzurren. Die Politik muss da handeln, genauso wie bei den Straßenausbaubeiträgen. Die sind nicht die Sache der ­Eigentümer.

Was raten Sie Familien, die eine Eigentumswohnung oder ein Haus suchen? Jetzt kaufen oder besser abwarten und auf ein Schnäppchen hoffen?

Stallmann Auf jeden Fall zum Immobilienerwerb. Man kann als Mieter ja mal ausrechnen, wie hoch die Miete ist und wie viel man für Zins und Tilgung eines Darlehens bezahlen müsste. Dann wird man feststellen, dass die Belastung fürs Eigenheim nicht viel höher ist als durch die Miete. Günstiger als zu den aktuellen Zinsen wird die Finanzierung nicht mehr.

Aber die Immobilien sind so teuer geworden. Drohen sich da nicht viele trotz niedriger Zinsen zu übernehmen? Wenn man da verkaufen muss, drohen doch hohe Verluste.

Stallmann Das kann passieren. Aber wenn man das ordentlich finanziert und von der Bank sorgfältig beraten wird, sind die Risiken begrenzt. Und im Moment bekommt man bei einem Verkauf auch meist gute Preise.

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