Düsseldorf Keine Gnade bei Immobilienkrediten

Düsseldorf · Wer im Notfall den Kredit für Haus oder Wohnung vorzeitig kündigt, zahlt der Bank einen zu hohen Ausgleich, kritisieren Verbraucherschützer.

Für viele Menschen ist der Kauf einer Wohnung oder eines Hauses eine Entscheidung fürs Leben. In den eigenen vier Wänden sollen die Kinder aufwachsen, es soll gemeinsam gealtert werden. Doch manchmal kommt es anders als gedacht: Paare scheiden sich, ein geliebter Mensch stirbt - und das gemeinsame Haus ist zu groß und teuer geworden. Oder die eigene Wohnung macht keinen Sinn mehr, weil der Job einen ganz woanders hin verschlägt.

Wer dann die eigenen Immobilie verkaufen muss und damit seinen Kredit vor Ablauf der Frist ablösen möchte, erlebt oft eine böse Überraschung: Für die vorzeitige Kündigung muss eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung an die Bank gezahlt werden. Und die beläuft sich durchschnittlich auf mehr als zehn Prozent der Reststumme. Das heißt, wer einen Kredit von 100.000 Euro vorzeitig ablöst, muss über 10.000 Euro zusätzlich berappen.

"Es kann nicht sein, dass Menschen in solch schwierigen Situation durch die Gebühr noch zusätzlich belastet werden", sagt ein Sprecher des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV). Seit langem kämpfen die Verbraucherschützer dafür, dass diese Ausgleichszahlungen sinken - jetzt kommt Bewegung in die Sache. Die Europäische Union hat eine Richtlinie erlassen, die Kreditnehmer besser schützen soll. Die Bundesregierung hat nur noch bis März 2016 Zeit, sie umsetzen.

Vom ersten Gesetzesentwurf, der nächste Woche im Bundestag vorgestellt wird, zeigten sich die Verbraucherschützer allerdings enttäuscht. "Die Bundesregierung hat schlicht ihren Job nicht gemacht", sagt VZBV-Finanzexpertin Dorothea Mohn. Das Justizministerium plane keine Vorgaben bei der Berechnung der Entschädigung, die die Kreditinstitute bei vorzeitiger Kündigung von ihren Kunden verlangen.

Eine Untersuchung des VZBV hatte im vergangenen Jahr ergeben, dass Banken und Bausparkassen häufig zu viel kassieren. Zwei Drittel der Beträge seien falsch zulasten der Verbraucher berechnet worden. Dabei habe die EU ein sogenanntes Bereicherungsverbot beschlossen, erläutert Mohn. "Das bedeutet, die Bank darf bei dem Vorfälligkeitsausgleich von Verbrauchern nicht mehr verlangen als ihr tatsächlich als Schaden entstanden ist." Die Untersuchungen habe auch gezeigt, dass die Höhe der Entschädigungszahlungen deutlich gestiegen seien. Während sie 2007 und 2008 noch bei vier Prozent der Restsumme lagen, waren es in den vergangenen drei Jahren über zehn Prozent.

Dabei geht es um sehr viel Geld: 876 Milliarden Euro sind derzeit nach VZBV-Angaben als Immobilienkredite vergeben, bis zu 20 Prozent der Verträge werden nach Schätzungen vorzeitig beendet - meist wegen unerwarteter Schicksalsschläge. Die Verbraucherschützer fordern daher, die Kosten für einen vorzeitig gekündigten Baukredit bei fünf Prozent der Restschuld zu deckeln. Zudem müssen die Berechnungen der Kreditinstitute nachvollziehbar sein.

Etwas anders sehen das die Banken und Sparkassen. Die Kreditnehmer in Deutschland wollten langfristig feste Zinsen, heißt es beim Spitzenverband Deutsche Kreditwirtschaft. Dafür sei aber auch ein Preis zu zahlen: Vertragstreue - oder ein Ausgleich an die Bank. Denn die Kreditinstitute müssten die Darlehen für die gesamte Laufzeit refinanzieren und hätten die entsprechenden Kosten zu tragen. Wenn man das bisherige Prinzip aufgäbe, dann würden Festzinskredite für Verbraucher "deutlich teurer werden".

(RP)
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