Keine Einigung mit Fonds in Sicht Argentinien steht erneut vor der Pleite

New York/Buenos Aires · Trotz einer drohenden Staatspleite ist im Rechtsstreit Argentiniens mit seinen Gläubigern keine Einigung in Sicht. Das Schiedsverfahren zwischen dem südamerikanischen Staat und mehreren Hedgefonds steht kurz vor Ablauf der Mitte der Woche endenden Frist auf des Messers Schneide.

 Nervös schaut man an der Börse in Buenos Aires auf die Kurse.

Nervös schaut man an der Börse in Buenos Aires auf die Kurse.

Foto: dpa, cav ks uw

Der zuständige Schlichter erwartete am Dienstag in seinem New Yorker Büro eine Delegation der Regierung aus Buenos Aires. Mit den als "erpresserische Geierfonds" geschmähten Klägern wollten sich die Argentinier jedoch nicht an einen Tisch setzen: "Ich habe auf direkte Verhandlungen gedrungen, doch die wird es jetzt nicht geben", betonte der Mediator Daniel Pollack.

Argentinien liefert sich derzeit mit den Hedgefonds einen erbitterten Streit über die Auszahlung von Anleihen. Die Regierung in Buenos Aires weigert sich bislang, den Gläubigern die von einem New Yorker Gericht zugesprochenen 1,33 Milliarden Dollar plus Zinsen auszuzahlen. Gelingt bis Mittwoch kein Durchbruch, wird das Land wie bereits 2002 als zahlungsunfähig eingestuft.

Doch anders als damals, als Argentinien nach einer Wirtschaftskrise in die Pleite stürzte und innenpolitische Unruhen ausbrachen, könnte die drittgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas diesmal glimpflich davonkommen. Sie ist bereits von den internationalen Kapitalmärkten abgeschnitten. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit ist daher kein Schreckgespenst mehr. Allerdings könnte sich die galoppierende Inflation in Argentinien verstärken und der Peso weiter an Wert verlieren.
Mit Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten ist jedoch nicht zu rechnen, da das Land durchaus noch liquide ist.

Es kann sich mit den bestehenden Devisenreserven noch rund fünf Monate über Wasser halten und auch ausstehende Anleihen bedienen. Als Zeichen seines guten Willens beglich Argentinien nun eine erste Tranche seiner Schulden bei einer Gruppe von Gläubigerstaaten, die nichts mit dem New Yorker Verfahren zu tun hat. Die im Pariser Club zusammengeschlossenen Länder erhielten 642 Millionen Dollar. Im Mai hatte sich Argentinien mit ihnen geeinigt, seine Schulden in Höhe von etwa 9,7 Milliarden Dollar binnen fünf Jahren zu begleichen.

1680 Prozent Rendite

Die in New York klagenden Fonds hatten einen Schuldenschnitt für die in Dollar ausgegeben Anleihen des Landes nicht mitgemacht. Sie kauften die Papiere in den Jahren nach der Staatspleite Argentiniens zu günstigen Kursen auf. Das Land wirft den Hedgefonds vor, Profit aus der Notlage geschlagen zu haben: Ihnen winke nun eine immense Rendite von 1680 Prozent.

Mit der Mehrzahl der Gläubiger konnte sich Argentinien hingegen arrangieren und damit die Krise zwischenzeitlich entschärfen. Doch Argentinien befürchtet, dass diese eine Prozesslawine lostreten, falls die New Yorker Kläger nun mehr Geld für ihre Anleihen bekommen. Dann könnten aus Sicht der Regierung in Buenos Aires Nachzahlungen von bis zu 400 Milliarden Dollar auf Argentinien zukommen.

Die Gläubiger, die an den Schuldenschnitten 2005 und 2010 teilnahmen, haben sich mit weniger als 30 Prozent ihrer ursprünglichen Forderungen zufriedengegeben. Über eine Ende des Jahres auslaufende Vertragsklausel haben sie einen Hebel in der Hand, mehr Geld zurückzubekommen: Falls Argentinien die Hedgefonds ausbezahlt, wäre damit ein Präzedenzfall geschaffen, auf den sich alle anderen Gläubiger vor Gericht berufen könnten.

Eine Gruppe von Besitzern argentinischer Anleihen im Volumen von über vier Milliarden Dollar will die Lage offenbar entschärfen. Sie habe dem Land angeboten, auf die ominöse Vertragsklausel zu verzichten, berichtete die "Financial Times". Argentinien pokert in dem Rechtsstreit mit den Hedgefonds unterdessen weiter. "Die Verhandlungen sind extrem schwierig und benötigen Zeit. Daher verlangt Argentinien ein Aussetzen des Verfahrens", betonte der zuständige Minister Jorge Capitanich.

Dies ist nach Ansicht seiner Regierung der Königsweg zu einer Lösung: Nach Ablauf der Vertragsklausel Ende Dezember könnten die Verhandlungen weitergehen. Dann würde eine mögliche Klage der abgefundenen Anleihenbesitzer nicht mehr wie ein Damoklesschwert über dem Verfahren schweben.

(REU)
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