Düsseldorf Kann Linssen RAG-Finanzchef bleiben?

Düsseldorf · Nach dem Rücktritt als CDU-Schatzmeister wird es für ihn auch bei der Kohle-Stiftung eng. RAG-Kontrolleuren sind Linssens Angaben zum mysteriösen Bahamas-Konto zu dürftig. Eine neue Chance für Ronald Pofalla.

Die eigene Partei hat den Fall schnell abgehakt. Drei Tage, nachdem das mysteriöse Konto von Helmut Linssen bekannt geworden war, nahm die Partei gestern dankbar das Rücktrittsgesuch ihres Schatzmeisters entgegen. Nun stellen sich viele in Düsseldorf und Essen die Frage: Wann muss Linssen als Finanzchef der mächtigen RAG-Stiftung gehen? Für die CDU hat er Millionen verwaltet. Bei der RAG-Stiftung ist er für ein Milliarden-Vermögen verantwortlich, aus dem nach 2018 die Ewigkeitslasten des Bergbaus bezahlt werden sollen. Kann das einer machen, der in eine Briefkastenfirma auf den Bahamas investierte und bis heute klärende Antworten schuldig bleibt?

Wie Parteifreunde verstehen auch Kontrolleure der RAG-Stiftung nicht, warum Linssens Erklärungen so dürr ausfallen. Selbst gestern, als im "Stern" der Artikel "Herr Linssen im Paradies" erschien, wollte sich der 71-Jährige nicht näher äußern. Laut "Stern" hat Linssen 1997 den Betrag von 829 322 Mark (424 025 Euro) auf ein Konto der Bank HSBC Trinkaus International in Luxemburg eingezahlt. Von dort aus ging das Geld an eine Briefkastenfirma auf den Bahamas. Ausdrücklich habe Linssen mit der Bank "Selbstabholung" vereinbart. Kein Dokument sollte nach Deutschland geschickt werden. Als 2001 Gerüchte aufkamen, dass die Bahamas Briefkastenfirmen nicht mehr verheimlichen würden, habe HSBC das Konto auflösen und einer anderen Briefkastenfirma in Panama zuordnen lassen, schreibt das Magazin. Vor der Landtagswahl 2005, die die CDU an die Regierung brachte und Linssen zum Finanzminister machte, sei die Sache beendet worden. Schließlich sei ein Politiker mit Briefkastenfirma keine Idealbesetzung als Dienstherr von tausenden Finanzbeamten. Im Dezember 2004 habe Linssen die restlichen 141 113 Euro in bar aus Luxemburg abgeholt, hieß es weiter. Linssen hat bislang nur erklärt: "Bei dem Geld handelt es sich um privates Vermögen meiner verstorbenen Eltern, das unsere Familie steuerlich korrekt erwirtschaftet hat." Er habe keine Steuern hinterzogen.

Das reichte den Parteifreunden nicht — und reicht den RAG-Kontrolleuren auch nicht. Sie fragen sich: Warum hat Linssen Geld in Briefkastenfirmen angelegt, die Verluste machen? Hatten seine Eltern das Geld schwarz ins Ausland geschafft? Wurde Linssen nur deshalb nicht vom Fiskus belangt, weil Gewinne in eine Zeit fielen, die vor der Verjährungsfrist lagen? Wohin ging das Bargeld?

Von Anfang an wollte sich kein namhaftes CDU-Mitglied hinter Linssen stellen. Der Chef der Niederrhein-CDU, der ehemalige Kanzleramtschef Roland Pofalla, beendete gestern abrupt eine telefonische Anfrage zum Thema — er legte einfach auf. Das ist pikant, weil es früher schon mal Spekulationen gab, dass Linssen bei der RAG-Stiftung nur Platzhalter für Pofalla sei, der ihn beerben wolle. Nun wird spekuliert, dass Pofalla die Gunst der Stunde nutzen könnte. Nach Pofallas verstolpertem Wechsel zur Bahn wird der Posten in Essen für ihn noch mal so interessant. Der Einfluss ist groß, das Einkommen ansehnlich. Rund 400 000 Euro bekommt der Finanzchef der RAG-Stiftung als Jahresgehalt. Und da auch Werner Müller (67) irgendwann das Amt des Stiftungs-Chefs (700 000 Euro Jahresgehalt) abgeben wird, ist eine weitere Karriere möglich. Linssen war im Dezember 2012 Finanzchef der Kohle-Stiftung geworden. Sein Vertrag läuft über fünf Jahre. Abgewählt werden kann er nicht, doch ein Rücktritt ist möglich. Die RAG-Stiftung war für eine Stellungnahme gestern nicht zu erreichen.

(RP)
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